Die österreichischen Kriegsanleihen

Ausschnitt aus dem Papier zur „Siebenten Kriegsanleihe“, Entwurf: Carl Otto Czeschka, 1917

Einem bisher nahezu unbeachteten Feld der Forschung widmen die beiden Wissenschaftlerinnen Sabine Fürnkranz und Gertraud Müller ihr Augenmerk, nämlich den Österreichischen Staatsanleihen zwischen 1848 und 1918. Nun haben Fürnkranz und Müller einen attraktiv gestalteten Band herausgebracht, in dem sie den Teil ihrer Forschungsergebnisse zu den Kriegsanleihen der Jahre 1914 bis 1918 veröffentlichen. Dank gründlicher Archivrecherchen ist mit dem „Die österreichischen Kriegsanleihen des Ersten Weltkrieges“ betitelten Band ein Buch entstanden, in dem das Thema sowohl in Bezug auf den politisch-ökonomischen Aspekt als auch auf die künstlerische und druckgrafische Gestaltung in umfassender Weise aufgearbeitet wird.

Österreich-Ungarn finanzierte den Ersten Weltkrieg zu drei Fünftel durch Anleihen, den Rest durch Kredite. In der österreichischen Reichshälfte wurden acht derartiger Anleihen aufgelegt und eine in Österreich bis dahin noch nie dagewesene Propaganda zur Zeichnung der Kriegsanleihen betrieben. Neben Zeitungsartikeln und Broschüren waren es vor allem Plakate, die mit einer Vielzahl von Sujets helfen sollten, an das Geld der Menschen heranzukommen. Sabine Fürnkranz stellt diesbezüglich treffend fest: „Kriegsanleihe-Plakate und Postkarten waren wichtige, manipulativ eingesetzte Erzeugnisse der Gebrauchsgraphik, deren Auftraggeber einerseits offizielle, staatliche Abteilungen waren – mit Kriegspresseabteilung und Propagandastelle des dem Kriegsministerium unterstellten Kriegspressequartiers im Hintergrund, andererseits die einzelnen, an der Emission von Kriegsanleihen beteiligten Bankinstitute (unter staatlichem Einfluss stehend oder privatwirtschaftlich geführt).“

Links: Vierte Anleihe, Entwurf: Alfred Cossmann, 1916 / Rechts: Sechste Anleihe, Entwurf: Alexander Rothaug, 1917

Anhand des Aktenbestandes des „k.k. Finanzministeriums“ konnte Gertraud Müller die Geschichte der österreichischen Kriegsanleihen penibel dokumentieren. Zum tragischen Resultat für alle, die ihr Geld in diese Anleihen investiert hatten, weiß sie Folgendes zu berichten: „Bedingt durch die sich bis August 1922 breitmachende galoppierende Inflation, die Ende Mai 1922 ihren Höhepunkt erreichte, kam es letztendlich zur völligen Entwertung der Schuldverschreibungen der österreichischen Kriegsanleihen. Vor allem der gehobene Mittelstand des deutschösterreichischen Bürgertums der Monarchie hatte Kriegsanleihen gezeichnet und zählte somit zu den Hauptverlierern.“

Ein relativ schwacher Trost blieb den nachhaltig Geschädigten mit der Tatsache, dass die Papiere von hervorragenden österreichischen Grafikern gestaltet worden waren. So wurde – und auch dies ist dem in der Publikation enthaltenen „Katalog der Kriegsanleihen“ zu entnehmen – die erste, fünfte und achte Anleihe von Rudolf Junk, die dritte von Bertold Löffler, die vierte von Alfred Cossmann, die sechste von Alexander Rothaug, die siebente von Carl Otto Czeschka und die achte von Alfred Offner gestaltet. Der Rest geht auf Hausentwürfe der „k.k. Hof- und Staatsdruckerei“ zurück.

Das Buch stellt eine wichtige Publikation dar, in der Wirtschafts-, Kultur- und Designgeschichte auf sinnvolle Form vereinigt werden – ein in Österreich leider seltenes Phänomen.

Fürnkranz, Sabine – Gertraud Müller: Die österreichischen Kriegsanleihen des Ersten Weltkrieges. Der politisch-ökonomische Hintergrund sowie die künstlerische und druckgraphische Gestaltung, Wien 2014.