Ludwig Hohlwein

Der Inhalt der Edition „Reklame“ (Foto: Steidl Verlag)

Er hat die Plakate „wie ein rechter Märchenprinz aus der Aschenbrödelecke auf den Thron der Werbekunst geleitet“, schreibt H. K. Frenzel in einem Beitrag über Ludwig Hohlwein. Frenzel, 1927 einer der Gründer des Bundes Deutscher Gebrauchsgrafiker, in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts sowohl als Künstler, Journalist und auch Ausstellungsgestalter tätig, gab 1926 ein Buch über Ludwig Hohlwein heraus. Eine Faksimile-Ausgabe dieses Werkes ist der dritte Band, den die große, gelbe Kiste enthält, die Karl Lagerfeld, René Grohnert und Gerhard Steidl unter dem Titel „Reklame. Frühe Werbung auf Plakaten“ im L.S.D. Verlag auf den Markt brachten.

Ludwig Hohlwein (1874–1949) wird in der Einführung des Buches als „bedeutendster Gebrauchsgraphiker Deutschlands“ und „größter deutscher Plakatmeister“ beschrieben. Auch Wikipedia kann nicht umhin, ihn als einen der prominentesten und stilbildenden Vertreter der Reklamekunst zu bezeichnen. All das könnte man in unseren Tagen vorurteilsfrei lesen, wäre da nicht noch etwas: Hohlwein trat schon 1933 der NSDAP bei und war dann im Folgenden einer derjenigen, die das visuelle Erscheinungsbild des Dritten Reiches entscheidend mitprägten.

Davon ist in dem Buch aus dem Jahr 1926 schon einiges zu spüren, es zeigt Hohlwein gleich zu Beginn als Jäger und Herrenreiter, in der Einleitung ist vom „körperlich und geistig kerngesunden Menschen“ die Rede und auch in einigen seiner Blätter ist die Begeisterung für das Kriegerische zu bemerken. So weit, so nicht gut. Aber: dennoch kann man sich der Faszination seiner Kunst nicht entziehen, er entwickelte einen – seinen – ganz einmaligen Stil. Mit den einfachsten Mitteln erzielte er die stärkste Wirkung, zum Beispiel in seinem Plakatentwurf für eine Zigarettenmarke: „Im Nachtdunkel ein Herr auf dem Heimweg, in Zylinderhut und Mantel, schwarz vor grün, fast Schatten ohne Plastik. Nur ein winziger Leuchtpunkt im Blatt: die glimmende Zigarette, das Reklameobjekt!“ schreibt Frenzel.

Hohlwein ist, egal wofür er wirbt, ob für Autos, Kaffee oder Jagdausstellungen, ein Meister der Fläche und Farbe. In der Art und Weise, wie er mit dem Raum umgeht, den ihm ein Blatt bietet, kann man den gelernten Architekten spüren, und das in Verbindung mit seinem völlig reduzierten Umgang mit der Farbe macht seine Plakate einfach augenfällig im wahrsten Sinn des Wortes. Wenn ihm – im Vergleich zu Schnackenberg etwa, dem ja auch ein Buch in der Lagerfeld-Sammlung gewidmet ist – etwas fehlt, dann ist es die Erotik. Auch wenn er nackte Frauen darstellt, dann sind die wohl schön anzuschauen, aber der erotische Funke springt nicht über. Sein Thema sind die Herren und was sie so wollen: trinken, rauchen, elegante Kleidung tragen, Auto fahren und jagen. In diesem Zusammenhang muss man auch auf seine Tierbilder hinweisen, er kann Hunde drollig darstellen, Panther gefährlich und Pferde natürlich edel.

So bilden also die Plakate den Hauptbestandteil des Buches, das in seiner Einleitung schon auch eine Geschichte der Gebrauchsgrafik, einen Lebenslauf und eine entsprechende Würdigung des Hohlwein-Plakates enthält. Im Weiteren wird dann auch noch das Schaffen Hohlweins als Gestalter von Zeitschriften, Notentiteln, Buchumschlägen, Kalendern und Ähnlichem gezeigt. Hohlwein-Sujets sind immer noch in Verwendung, viele seiner Plakate – man nimmt an, dass er mehr als 3000 geschaffen hat – sind als Poster erhältlich.

„Dass Plakate von Hohlwein so zahlreich in der Lagerfeld-Sammlung vertreten sind, darf nicht verwundern. Sind es doch nicht nur Arbeiten von hohem ästhetischem Wert (man beachte nicht nur die Komposition, sondern auch die feine und differenzierte Behandlung der Flächen!), sondern vor allem sind es frühe Beispiele eines Imagetransfers – obwohl dieses Prinzip noch gar nicht erfunden war. Ein Produkt wird in einen bestimmten Zusammenhang gestellt, den dieses dann als etwas Besonderes erscheinen lässt. Wenn ein Tennisspieler z.B. eine bestimmte Sorte Kaffee trinkt, so überträgt sich das Elitäre der Sportart auf das Produkt. Ohne diesen Imagetransfer lässt sich keine Marke in einem bestimmten Preissegment platzieren – und das wiederum beherrscht ja Lagerfeld auf das Vorzüglichste.“
René Grohnert, Mitherausgeber der Plakat-Edition

Frenzel, H. K.: Ludwig Hohlwein, Berlin 1926.
Der Reprint ist Bestandteil der im Steidl Verlag erschienenen Edition „Karl Lagerfeld & René Grohnert (Hrsg.): Reklame. Frühe Werbung auf Plakaten“.