„A World to Win“ – unter diesem Titel präsentiert das Londoner „Victoria & Albert Museum” seit 1. Mai „Posters of Protest und Revolution“ (bis 2. November 2014). Plakate zu publizieren sei, so die Ausstellungsgestalter, per se ein politischer, weil öffentlicher Akt, und schon früh wurde das Medium nicht nur zur Bewerbung von Veranstaltungen und Produkten verwendet, sondern auch für propagandistische Zwecke. Mit insgesamt 76 Exponaten, von denen der Großteil aus der Sammlung des „Victoria & Albert Museums“ stammt, wird diese wechselvolle Geschichte in ihren agitatorischen und produktionstechnischen Aspekten dokumentiert. Der zeitliche und thematische Rahmen reicht dabei von den Frauenrechtsbewegungen des 19. Jahrhunderts bis zu den aktuellen Ereignissen in Syrien.
Gegliedert ist die Schau in acht Bereiche, die – wie die zuständige Kuratorin Rowan Bain erklärt – den verschiedenen grafischen Strategien der optischen Beeinflussung folgen. So visualisiert der erste Abschnitt die Idee der „Permanenten Revolution“ unter anderem mit Beispielen aus Kuba und China. Es folgt ein mit „Smashing the System“ betiteltes Kapitel, in dem sich auch eines der bekannten sozialdemokratischen Plakate findet, die Mihály Biró für den österreichischen Nationalratswahlkampf 1920 entworfen hat.
Hilfe zur medialen Selbsthilfe steht im Mittelpunkt des dritten Ausstellungsbereiches, der den britischen und US-amerikanischen „community printshops“ der 1960er und 1970er Jahre gewidmet ist. „So etwa wurde in feministischen Printshops den Frauen gezeigt, wie sie ihre Anliegen in Form von wirkungsvollen Plakaten umsetzen konnten“, erläutert dazu Rowan Bain.
Abschnitt vier, betitelt „New Dawn“, ist als Gegenstück zu „Smashing the System“ konzipiert und zeigt revolutionäre Visionen in positiven Symbolen und Lichtmetaphern, wie etwa Sonnenaufgängen und am Himmel prangenden Sternen. Eine Rarität in diesem Bereich ist das bolschewistische Plakat „Der rote Pflüger“, das dem Museum in den 1920er Jahren von einem Agenten des britischen Geheimdienstes übergeben wurde. Die genaue Geschichte dieser Affiche ist bis heute im branchenbedingten Halbdunkel geblieben: weder der Name des Agenten noch seine Bezugsquelle durften bekannt gegeben werden – also fast eine James Bond-Story im Plakatmilieu.
„Die Plakatkampagnen zeigen, dass es leichter ist, Menschen dazu zu motivieren, gegen etwas zu sein als für etwas“, sagt Kuratorin Rowan Bain und hat daher den fünften Bereich der Schau einfach „NO“ genannt. Zu sehen sind dabei Antiatom-Posters sowie Plakate gegen die Apartheid, gegen den Vietnamkrieg und gegen die Teilnahme des Vereinigten Königreichs am Irakkrieg.
Ein weiterer Bereich widmet sich – unter anderem mit Arbeiten von Klaus Staeck – der Verwendung von Fotos in Posters; und beim Thema „Logos in Plakaten“ geht es im Wesentlichen um die ironische Verfremdung von Firmenlogos als Kritik am globalisierten Wirtschaftssystem.
„Druckverfahren“ ist das Thema des vorletzten Ausstellungsabschnitts. Wie unterschiedlich die Mittel und Methoden sein können, mit denen ein Plakat entsteht, zeigt – als besonders beeindruckendes Exempel – der gegen die Verschmutzung der Meere gerichtete Textanschlag „Oil & Water Do Not Mix“. Denn für diesen wurde als Druckfarbe Öl von der Umweltkatastrophe nach der Explosion der Bohrplattform Deepwater Horizon 2010 im Golf von Mexiko verwendet.
Am Ende der Schau findet sich ein Computerscreen, der Beispiele kritischer Bildagitation auf Websites, in Blogs und sozialen Medien dokumentiert.