„I was a robot“ lautet der Titel einer Ausstellung zum Thema „Science-Fiction und Popkultur“, die derzeit im Museum Folkwang in Essen zu sehen ist. Der Begriff „Robot“ – wie auch die deutsche Wortform „Roboter“ – gehen auf das 1920 publizierte Drama „R.U.R“ des tschechischen Autors Karel Čapek zurück. In dem utopischen Theaterstück werden von der Firma R.U.R („Rossumovi Univerzální Roboti“ – „Rossums universelle Roboter“) künstliche Menschen als billige Arbeitssklaven erzeugt, die sich jedoch in der Folge emanzipieren und die Menschheit vernichten.
Seit jeher beinhalten Erzählungen von künstlich geschaffenen menschenartigen Wesen meist auch ein gefährliches, oft tödliches Element – das reicht vom Golem-Mythos über die Frankenstein-Geschichte bis zu Stanley Kubricks Film „2001: A Space Odyssey“. So wie in der christlichen Erzählung von der Erschaffung des Menschen, so schuf auch der Mensch die artifiziellen Humanoiden „nach seinem Ebenbild“, und wie in der Bibel emanzipiert sich das Geschaffene vom Schöpfer und nutzt die Möglichkeit der eigenständigen Erkenntnis, um Gott/Mensch die Gefolgschaft zu verweigern und sich gegen ihn zu wenden.

Links: Frank Rudolph Paul, Magazincover: The Elements of Science Fiction, 1953, Leihgeber und Foto: Maison d’Ailleurs, Schweiz / Agence Martienne / Rechts: Vincent Di Fate, Magazincover: Analog Science Fiction and Fact, November 1975
© Vincent Di Fate und Penny Publications / Dell Magazines, 2019, Leihgeber und Foto: Maison d’Ailleurs, Schweiz / Agence Martienne
Wie sich dieses komplexe Verhältnis von Mensch und Roboter visuell darstellt, dies erörtert die Essener Ausstellung in – im wahrsten Sinne des Wortes – anschaulicher Weise. Möglich war die umfassende Schau durch die Kooperation mit einer der bedeutendsten Science-Fiction Sammlungen der Welt, dem „Maison d’Ailleurs“ im schweizerischen Yverdon-les-Bains. Das im Jahr 1976 vom französischen Autor, Sammler und Forscher Pierre Versins gegründete und auf die Bereiche „Science-Fiction“, „Utopie“ und „Außergewöhnliche Reisen“ spezialisierte Museum umfasst derzeit rund 100.000 Objekte. Aus diesem reichen Bestand haben der Direktor der Kollektion, Marc Atallah, und René Grohnert vom Museum Folkwang eine Ausstellung mit rund 200 Schaustücken zusammengestellt. Anhand von Plakaten, Magazincovers, Büchern, Schallplatten, Action-Figuren und Videospielen wird eine Vorstellung von der Entwicklung der Science-Fiction von ihren Anfängen bis in die Gegenwart gegeben. Zu den Highlights zählen für die Ausstellungsmacher dabei die Plakate zum legendären Film „Metropolis“ und zur Terminator-Reihe sowie Titelgestaltungen zu Büchern von Isaac Asimov und der Perry Rhodan-Serie.

Links: Anonym, Magazincover: Le Petit Inventeur, 1929, © Albin Michel, Le Petit Inventeur, Leihgeber und Foto: Maison d’Ailleurs, Schweiz / Agence Martienne / Rechts: Frank Rudolph Paul, Magazincover: Wonder Stories, Januar 1931, © Gernsback Publications, Inc., 1930, Leihgeber und Foto: Maison d’Ailleurs, Schweiz / Agence Martienne
All jenen, die an dem Thema interessiert sind, aber die Ausstellung trotz der relativ langen Laufzeit nicht besuchen können, sei der umfangreiche Katalog mit reichem Bildmaterial und klugen Texten von Marc Atallah und Frédéric Jaccaud empfohlen. Der Direktor des „Maison d’Ailleurs“ erläutert darin auch das eigentliche Ziel seiner Arbeit: „Der Roboter zeichnet unser Porträt – oder vielmehr das Porträt, dem wir ähneln werden, wenn wir den Verlust unserer Menschlichkeit weiterhin passiv hinnehmen, indem wir einflussreichen technoökonomischen Paradigmen die Treue halten. Es scheint höchste Zeit zu sein, einen genauen Blick auf diese Wesen aus Metall zu werfen und zu verstehen, was sie uns aus der Tiefe ihrer Gehäuse zuflüstern. Denn wenn sie uns manchmal wie Stereotypen erscheinen, so liegt das vielleicht daran, dass auch wir – besonders dann, wenn wir uns so verhalten, wie es die kapitalistische Gesellschaft von uns will, oder wenn wir uns als reine physikalisch-chemische Maschinen definieren – nur noch Karikaturen menschlicher Wesen sind.“

Links: Anonym, Aushangfoto: Futureworld, 1976, © American International Pictures, Leihgeber und Foto: Maison d’Ailleurs, Schweiz / Rechts: Alejandro Cañedo, Magazincover: Astounding Science Fiction, März 1949, © Penny Publications / Dell Magazines, 2019, Leihgeber und Foto: Maison d’Ailleurs, Schweiz
Die Ausstellung im Folkwang Museum dokumentiert in erstaunlicher und bisweilen auch beklemmender Weise, dass sich bislang vor allem die Populärkultur intensiv der Zukunftsvisionen angenommen hat, während reale Entscheidungsebenen in Politik und Wirtschaft offensichtlich nur an relativ kurzfristigen Strategien interessiert waren und sind. Wer von den Verantwortlichen überlegt, in welchem Zustand Firmen, Parteien, Kommunen, Staaten oder – global gesehen – „die Welt“ in 50 oder 100 Jahren sein werden? Offenbar hat es erst den Anstoß von Kindern und Jugendlichen im Rahmen von „Fridays for Future“ gebraucht, um hier Ansätze eines Umdenkens zu erreichen. Und so wird man angesichts der Fülle trivialer Bildwelten in der von der Entertainmentkultur dominierten Science-Fiction an den Autor Werner Schwab erinnert, der einmal meinte: „Alle Dinge, die nicht differenziert abgehandelt werden, kommen später vulgär zurück.“
Weitere Hinweise:
Museum Folkwang Essen
Atallah, Marc – Frédéric Jaccaud; Konzeption René Grohnert: I WAS A ROBOT. Science Fiction und Popkultur, Göttingen 2019.