Im Jahr 1987 kreierte das deutsche Werbeteam „Hansen, Papen“ eine einfache und deshalb wirksame Plakatkampagne zum Thema AIDS im Auftrag der „AIDS-Koordination Nordrhein-Westfalen“. Der Hauptslogan lautete dabei „Rettet die Liebe. Stoppt AIDS“. Daraus ergaben sich dann verschiedene Varianten, wie etwa „AIDS geht uns alle an. Lasst Kranke nicht allein. Rettet die Liebe“ oder „AIDS bekommt man nicht beim Bier. Und beim Sex schützen Kondome. Rettet die Liebe“. Das Symbol eines weißen Telefons sollte dazu anregen, sich in einem Gesundheitsamt, bei den AIDS-Hilfen oder bei anderen AIDS-Beratungsstellen eingehender über diese virale Bedrohung zu informieren. Effektvoll waren die Slogans insofern, als hier Sexualität nicht tabuisiert wurde, sondern, im Gegenteil, mit einem liebes- und lebensbejahenden Appell auf die bestehende Gefahr hingewiesen wurde.

Beide Plakate: Papen / Hansen, Rettet die Liebe. Deutschland, ca. 1995, Offsetdruck, © Aidshilfe Köln e.V.
„Rettet die Liebe!“, so lautet auch der Titel der Ausstellung des Deutschen Plakat Museums im Museum Folkwang zum Thema „Internationale Plakate gegen AIDS“. Den Verantwortlichen des Projektes, Museumsdirektor Peter Gorschlüter und Sammlungsleiter René Grohnert, war – wie sie betonen – wichtig, einen Schwerpunkt auf Plakate zu legen, „die sich gegen die Stigmatisierung und Ausgrenzung der Betroffenen wenden.“

Claudio Alessandri Design (Momix dancers: Erin Elliott, Solveig Olsen, Terry Pexton, Brian Sanders), Stop AIDS now, AIDS-Hilfen Österreichs, Österreich, 1995, Offsetdruck, © Die AIDS-Hilfen Österreichs
Die Sammlung des Museums Folkwang umfasst insgesamt über 2000 Plakate zum Thema AIDS, daraus ist eine Auswahl von 180 Beispielen aus fünf Kontinenten und 29 Ländern in der Schau zu sehen. „Das Plakat – sei es digital oder in seiner analogen Form auf Plakatflächen im öffentlichen Raum – trägt seit Bekanntwerden der HIV-Infektion in den 1980er Jahren wesentlich dazu bei, Prävention voranzutreiben und auch jüngere Generationen zu informieren und zu sensibilisieren“, so Gorschlüter/Grohnert, denen es ein Anliegen ist, mit ihrer Ausstellung an ein wichtiges, aber vielleicht in letzter Zeit etwas in den Hintergrund geratenes, Problem zu erinnern. Auf den verschiedenen Plakaten werden sehr unterschiedliche Zugänge zum Thema offenbar – bisweilen geprägt von Pathos, aber auch von Ironie oder einem betont sachlichen Zugang. Alle wollen Beachtung, man setzt auf Schockelemente und auf Anklage, auf Euphemisierung oder tabulose Offenheit.

Links: COMED, Don’t Stop Passion, Stop AIDS. Luxemburg, ca. 1996, Offsetdruck, © COMED, Leudelange / Rechts: Anonym, Foto: Javier Gayetvalls, Dia mundial de la sida 2008. Spanien, 2008, Offsetdruck
Kristina Kramer-Tunçludemir und Vladimir Čajkovac haben in ihrem Text für den lesenswerten Katalog zur Ausstellung die verschiedensten visuellen Strategien der internationalen Plakate gegen AIDS analysiert und kommen unter anderem zu dem Befund: „Hätte man nur auf die biologische Tatsache, dass es sich um eine ansteckende Krankheit handelt, zurückgreifen müssen, würden die AIDS-Plakat-Sammlungen ganz anders aussehen, viel direkter und sicherlich viel monotoner. Stattdessen verbirgt man das bisher Ungesagte in einer Bilderflut von Motiven und Symbolen, die verdeutlichen, wie man auf einmal über Themen sprechen musste, über die man bis dahin nicht sprechen konnte oder wollte.“
Rettet die Liebe! Internationale Plakate gegen AIDS. Museum Folkwang, Göttingen 2020.