Er gehört wohl zu den interessantesten, wenngleich nicht zu den bekanntesten Künstlern seiner Generation: Wenzel Hablik wurde am 4. August 1881 in der damals zu Österreich-Ungarn gehörenden nordböhmischen Stadt Most (dt. Brüx) geboren. In der Werkstatt seines Vaters erlernte er das Tischlerhandwerk – und dies im Rekordtempo: Schon während seiner Volksschulzeit absolvierte er die Tischlerlehre, die er im Alter von zwölf Jahren als Geselle abschloss, und bereits als 14-Jähriger legte er die Meisterprüfung ab. Doch Habliks kreative Interessen gingen weit über sein erlerntes Handwerk hinaus. So war er in der Folge Porzellanmaler, dann technischer Zeichner in einem Architekturbüro, und er besuchte von 1898 bis 1902 die „k. k. Fachschule für Keramik und andere Kunstgewerbe“ in Teplice (dt. Teplitz-Schönau). Von 1902 bis 1905 war Hablik an der Wiener Kunstgewerbeschule. Er absolvierte dabei die Fachschule für Malerei bei Felician Myrbach und Otto Czeschka, bei Adele von Stark studierte er Emailkunst und bei Rudolf Larisch Schrift und Heraldik. Dass er auch die entsprechende Anerkennung seiner Begabung bekam, beweist, dass eine Arbeit von ihm in „Die Fläche“, ein von einigen Professoren der Kunstgewerbeschule herausgegebenes Musterbuch für angewandte Kunst, aufgenommen wurde. Anschließend an seinen Wiener Aufenthalt ging Hablik nach Prag, wo er seine formelle Ausbildung an der Kunstakademie beendete.

Triumpf der Gesetze in der Natur, Festbauten, 1914/20
1908 übersiedelte Wenzel Hablik in die norddeutsche Stadt Itzehoe, wo er die Kunstweberin Elisabeth Lindemann heiratete. Wenzel Hablik lebte bis zu seinem Tod im Jahr 1934 in Itzehoe, wo er sich als erfolgreicher Maler, Grafiker und Kunsthandwerker etablierte.
Bereits in seinen frühen Zeichnungen sind Habliks Interesse für Architektur und deren ungeahnte Möglichkeiten erkennbar. Derzeit widmet das immer wieder durch originelle Themenstellungen bekannte Kunstmuseum Bayreuth dem Thema „Wenzel Hablik Architektur-Utopien“ eine sehenswerte Ausstellung. Die Schau präsentiert die Ideenvielfalt des Künstlers, der sich in bester Tradition der Wiener Kunstgewerbeschule mit nahezu allen Lebensbereichen in kreativer Form auseinandersetzte: Malerei, Grafik, Typografie, Architektur, Textilentwürfe, Möbeldesign und Gebrauchsgrafik – überall demonstrierte er seine originelle gestalterische Kompetenz.

Zyklus Schaffende Kräfte, Blatt 2, Furchtbar ist es über den Sternen – und deine Seele findet eher nicht ihren Gott – bis dass sie zwiefach nicht den Leib vernichtet, 1909
Bei der Architektur, die von Luftgebilden bis zu – aus heutiger Sicht – durchaus realisierbaren Projekten reicht, blieb es bei Utopien. Doch im Bereich der Innenraumgestaltung konnte Hablik bemerkenswerte Arbeiten realisieren. Seine Textilentwürfe und Inneneinrichtungen changieren dabei zwischen Wiener Werkstätte und Bauhaus, dies aber nie eklektizistisch, sondern immer von seinem eigenständigen, kraftvollen Gestaltungswillen bestimmt. Es klingt fast paradox, aber wahrscheinlich verhinderte sein regionaler Erfolg in Schleswig-Holstein und die entsprechend gute Auftragslage in seinem engeren Umfeld eine breitere internationale Wahrnehmung von Habliks Schaffen.

Sternwarte, Hochschule für Himmels- und Licht-Luft-Wissenschaften, 1923
Vieles erfährt man nun über Habliks kreatives Universum in der instruktiven Schau in Bayreuth, bei der man den Film zu Leben und Werk des Künstlers am Schluss der Präsentation unbedingt vollständig anschauen sollte – vielleicht damit auch beginnen könnte.
Fazit: Es ist ein äußerst verdienstvolles Projekt des Kunstmuseums Bayreuth, in der so prestigeträchtigen Zeit der Festspiele das Werk eines – trotz der engagierten Aktivitäten des Wenzel Hablik Museums in Itzehoe und der repräsentativen Schau im Berliner Martin-Gropius-Bau im Jahr 2017 – immer noch unterschätzten Künstlers einem breiten Publikum zu präsentieren. Die Ausstellung war bis 15. Oktober 2023 in Bayreuth zu sehen, ein umfangreiches Begleitprogramm dazu bot vertiefende Einblicke in das spannende Werk von Wenzel Hablik.
Wenzel Hablik: Architektur-Utopien. Kunstmuseum Bayreuth, bis 15. Oktober 2023.