Gustav Jahn (1879–1919)

Die Tschislesalpe in den Dolomiten, Farbdruck nach einem Gemälde von Gustav Jahn, Ausschnitt (Alle Abbildungen: Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv und Grafiksammlung)

Selten, dass bei einem Künstler die Lebensrealität mit der fiktiven Welt der von ihm geschaffenen Bilder so sehr übereinstimmt wie bei Gustav Jahn.[1] Der am 17. Mai 1879 in Wien geborene Gestalter hatte sich nämlich nicht nur als „Bergmaler“ erfolgreich positioniert, sondern sich auch als ausgezeichneter Bergsteiger, Kletterer, Skispringer und preisgekrönter Skiläufer einen Namen gemacht.[2]

1904 erhielt Jahn für eine Reihe großformatiger Alpenbilder, die er im Auftrag der österreichischen Staatsbahnen gemalt hatte, bei der Weltausstellung in St. Louis eine Auszeichnung. Die Ansichten schmückten später Räume des Wiener Westbahnhofes, und auch der Südbahnhof wurde mit großen Ölgemälden von Gustav Jahn ausgestattet. Im Bereich der Plakatgestaltung war Jahn ebenfalls erfolgreich: Ihm gelang eine für Österreich frühe Abkehr von der damals üblichen illustrativen Kleinteiligkeit in der Tourismuswerbung.

Plakate von Gustav Jahn: Links: Südbahn-Hotel, 1904 / Rechts: Arlberg, 1907

Im gebrauchsgrafischen Bereich hatte Gustav Jahn bereits vor seinen Plakatentwürfen Erfahrungen gesammelt, denn schon während seiner Studienzeit an der Akademie der bildenden Künste in Wien illustrierte er ab 1898 die Verkaufskataloge für das bekannte Sporthaus von Mizzi Langer.[3] Mit diesen Arbeiten intensivierte Jahn auch seine Kontakte zu der damals noch jungen Bergsportszene. Neu in Österreich war auch, dass ein Geschäft derart künstlerisch aufwendig gestaltete Verkaufskataloge herausgab.

Im Jahr 1907 war der 28-jährige Maler und Grafiker bereits so anerkannt, dass er einen weiteren thematisch einschlägigen Großauftrag erhielt. Denn nachdem einige neue Bahnstrecken durch die Alpen fertiggestellt waren, wurde auch eine entsprechende Bewerbung benötigt. Die Arbeiten, die Jahn dafür vorlegte, waren in ihrem eleganten Jugendstil von einer gewissen „gemäßigten Moderne“, wie das in Österreich für Aufträge der öffentlichen Hand eher typisch war. Die Blätter waren zwar noch nicht wirklich flächig „plakativ“, weil sie immer noch die Bildwirkung von Gemälden hatten. Doch ihre Gestaltung war auch nicht für den Straßenanschlag angelegt, sondern für den Gebrauch in Innenräumen, vor allem für die Werbung auf Bahnhöfen gedacht, wofür der dekorative Charakter im Vordergrund stand.[4] Aus dieser Phase von Jahns Schaffen haben sich 16 Bahnplakate erhalten, die er in einem relativ kurzen Zeitraum herausbrachte.

Plakate von Gustav Jahn für die K.K. Österreichischen Staatsbahnen, beide 1907

Neben seinen gebrauchsgrafischen Arbeiten schuf Gustav Jahn eine ganze Reihe von Gemälden, deren Themen die verschiedenen Formen der Hochgebirgslandschaften waren.

Als Bergsteiger gelangen Gustav Jahn eine Reihe von schwierigen Erstbesteigungen vor allem in den österreichischen Alpen. So etwa gilt seine Bezwingung der Südwand der Großen Bischofsmütze bis heute als wichtiges Ereignis in der Entwicklung des Felskletterns. Der „Malersteig“ auf der Rax hat seinen Namen von der Erstbesteigung durch Gustav Jahn, die dieser gemeinsam mit seinem Freund und Künstlerkollegen Otto Barth unternahm. Während des Ersten Weltkriegs musste auch Jahn im Jahr 1915 zum Militär einrücken, wo er als „Instruktionsoffizier“ in der Ski- und Alpinausbildung in Südtirol tätig war.

Am 17. August 1919 wurde Gustav Jahn Opfer seiner Bergleidenschaft: gemeinsam mit einem Begleiter stürzte er bei der Besteigung der Ödstein-Nordwestkante im steirischen Gesäuse in den Tod.

[1] Ausführliches Material zu Gustav Jahn bietet die Website: http://www.gustav-jahn.at/
[2] Filek, Egid – Karl Sandtner: Gustav Jahn. Ein Maler- und Bergsteigerleben, [3.erw. Aufl.]; Wien–Berlin–Leipzig 1933.
[3] Krug, Wolfgang: „Für den wahren Alpinisten ist doch nur das Beste gut genug!“ Gustav Jahn und Mizzi Langer-Kauba – Illustrationen für Wiens führendes Touristen-Fachgeschäft, in: Oehring, Erika  (Hrsg.): Alpen. Sehnsuchtsort & Bühne, Salzburg 2011, S. 115ff.
[4] W[eixlgärtner], A[rpad]: Publikationen der k. k. Hof- und Staatsdruckerei, in: Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst. Beilage der graphischen Künste (1907), H. 2, S. 53.

Printpublikation in: Bernhard Denscher, Gebrauchsgrafik aus Österreich. 51 Lebensläufe. Aesculus Verlag, Wolkersdorf 2022, S. 80ff.