Alois Leupold von Löwenthal

Flächenmuster aus „Die Fläche II“, 1911

Alois Leupold von Löwenthal war ein vielseitiger Künstler, der bereits als Student der Wiener Kunstgewerbeschule Grafiken schuf, die sich nicht nur im Wien Museum, sondern auch in den „Staatlichen Museen zu Berlin“ und im Metropolitan Museum of Art in New York befinden. Er gehört jedoch zu jener Reihe von Kreativen, die mit ihren Werken zwar in renommierten Sammlungen vertreten und auch im Kunsthandel immer wieder präsent sind, über deren Biografien man jedoch relativ wenig weiß. Im Fall von Leupold von Löwenthal etwa war bis dato nicht einmal das genaue Todesdatum bekannt.[1]

Der Künstler wurde am 27. Dezember 1888 mit dem Familiennamen Leupold in Pottendorf in Niederösterreich geboren und am 1. Jänner 1889 auf den Vornamen Alois katholisch getauft. Sein Vater war der Schuhmachermeister Wilhelm Leupold und seine Mutter Elisabeth Leupold, geborene Reichhardt.[2] Da Wilhelm Leupold laut Zertifikat des k.k. Ministeriums des Inneren vom 28. September 1902 zur „Führung des Adels mit dem Prädicate Löwenthal berechtigt“ wurde,[3] konnte auch sein Sohn den Namen Alois Leupold von Löwenthal tragen.[4]

Nach dem Besuch der Volks- und der Bürgerschule studierte Alois zwei Jahre an der Wiener Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt und besuchte vom Wintersemester 1905/06 bis zum Sommersemester 1906 als Gasthörer die Allgemeinen Malerschule der Wiener Akademie der bildenden Künste. Seine Lehrer waren dort Christian Griepenkerl, Julius Schmid (Abendakt), Rudolf Bacher, Alois Delug und Siegmund l’Allemand. In den beiden Semestern absolvierte Leupold auch die vorgeschriebenen Hilfsfächer Anatomie, Perspektive, Stillehre, Farbenlehre und Farbenchemie.[5] Danach studierte er erneut zwei Jahre an der „Graphischen“, bis er von September 1908 bis Juli 1911 an der Kunstgewerbeschule in Wien (heute Universität für angewandte Kunst) seine Ausbildung fortsetzte. Seine Lehrer waren dort Bertold Löffler, Rudolf von Larisch, Adele von Stark und Anton von Kenner.

Ansichtskarten der Wiener Werkstätte, 1909

Bereits während seiner Zeit in der Kunstgewerbeschule schuf Leupold jene grafischen Werke, die bis heute Bestand haben. Aufgrund des anfänglichen kommerziellen Erfolges der Wiener Werkstätte eröffnete diese 1909 ein Geschäft in Karlsbad/ Karlovy Vary. Dafür wurde ein ganze Reihe von Karten mit Ansichten von Karlsbad aufgelegt, zu der Leupold von Löwenthal fünf verschiedene Sujets und von diesen vier grafische Varianten beitrug.[6] Eine weitere Wiener Werkstätten-Karte Leupolds (Karte Nr. 240) zeigt die Außenansicht der von Josef Hoffmann entworfenen Villa Hochstetter in Wien-Döbling. Alle diese Darstellungen sind feine, linear gehaltene und auf wenige dezent abgestimmte Farben reduzierte Veduten.

Bertold Löffler, dessen Fachklasse für Malerei Leupold vor allem besucht hatte, stellte dem Schüler ein sehr gutes Abgangszeugnis aus: „Herr Leupold von Löwenthal arbeitete nebst der allgemeinen Naturstudien hauptsächlich Entwürfe für Graphik (Illustrationen, Plakate, Buchtitel, Holzschnitte u.s.w.). Seine Arbeiten zeigen sehr viel Talent, künstlerisches Streben, sowie Geschmack und Erfindungskraft. Durch seinen großen Fleiß brachte er es in kurzer Zeit dahin, Aufträge zu übernehmen und ganz selbständig durchzuführen.“[7]

Wie sehr Leopold von seinem Lehrer Löffler geschätzt wurde, zeigen die von Löffler in den Jahren 1910 und 1911 herausgegebenen Mustermappen „Die Fläche II“, in denen Leopold mit drei Arbeiten vertreten ist. Es handelt sich dabei um eine Produkt-Etikette[8], um ein Flächenmuster und um eine Illustrationsarbeit.[9]

Produkt-Etikette aus „Die Fläche II“, 1910

1912 leistete Leupold von Löwenthal seinen Militär-Präsenzdienst, bei seiner Musterung im Jahr 1910 hatte er als Beruf „Fachschullehrer“ angegeben.[10] Ab 1. Oktober 1912 besuchte Leupold an der Kunstgewerbeschule den Email-Kurs bei Adele von Stark, den er am 30. Juni 1913 mit vorzüglichem Erfolg abschloss.[11] Zur Errichtung einer Werkstätte für Emailtechnik hatte er 1912 eine Subvention von 600 Kronen aus dem „Hoftiteltaxfonds“ erhalten.[12] In der „Mode-Ausstellung 1915/16 im k.k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie“ wurden Email-Arbeiten Leupolds präsentiert.[13]

Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs musste Leupold von Löwenthal am 2. August 1914 infolge der allgemeinen Mobilisierung des Heeres zum Kriegsdienst einrücken. Im April 1915 erkrankte er während seines Militärdienstes an Typhus.[14] Vermutlich waren es die Auswirkungen dieser gefährlichen Krankheit, die dazu führten, dass er mit 11. November 1916 wegen „Geistesschwäche“ entmündigt wurde, was erst mit 9. März 1921 wieder aufgehoben wurde.[15]

Ob Leupold-Löwenthal danach künstlerisch tätig war, konnte auf Basis der vorhandenen Quellen bis dato nicht festgestellt werden. Von 1928 bis 1933 scheint er im Wiener Adressbuch „Lehmann“ mit Adresse Wien V, Hartmanngasse 14, und der Berufsbezeichnung „Skontist“ auf. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs, am 13. Februar 1945, fiel Alois Leupold-Löwenthal in einem Luftschutzkeller in Wien-Margareten, Laurenzgasse 11, einem Bombenangriff zum Opfer. Am 23. März 1945 wurde er auf dem Wiener Zentralfriedhof beerdigt.[16]

Diesen Artikel zitieren:
Bernhard Denscher,
Alois Leupold von Löwenthal, 28.6.2025, https://www.austrianposters.at/2025/06/28/alois-leupold-von-loewenthal/ (Stand: TT.MM.JJJJ).

[1] Frau Dr. Veronika Pfolz konnte nun in einer Datenbank des Wiener Stadt- und Landesarchivs Datum und Umstände des Todes von Leupold von Löwenthal herausfinden. Ihr wird für den uneigennützigen Hinweis auf den entsprechenden Eintrag herzlich gedankt.
[2] Taufbuch der Pfarre Pottendorf, 1881–1889, Fol. 215.
[3] Taufbuch der Pfarre Ebenfurth, 1844–1862, Fol. 297.
[4] Fußnote 2.
[5] Freundliche Auskunft der Leiterin des Archivs der Akademie, Frau Dr. Eva Schober.
[6] Karten-Nummern 206, 208, 209 A u. B, 210, 212, 225, 226, 227. Vgl. dazu: Schmuttermeier, Elisabeth – Christian Witt-Dörring (Ed.): Postcards of the Wiener Werkstätte. A Catalogue Raisonné. Selections from the Leonard A. Lauder Collection, Ostfildern 2010, S. 100ff.
[7] Abgangszeugnis vom 30. Juni 1911, Schüler*innen-Datenbank, Archiv der Universität für angewandte Kunst.
[8] Die Fläche II, 1. Heft 1910: S. 8.
[9] Die Fläche II, 1. Heft 1911: S. 27, S. 20.
[10] Grundbuchblatt Alois Leupold von Löwenthal, Österreichisches Staatsarchiv, 1910/672.
[11] Schüler*innen-Datenbank, Archiv der Universität für angewandte Kunst.
[12]  Jahresbericht des k.k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie für das Jahr 1912, Wien 1913, S. 6.
[13]  Mode-Ausstellung 1915/16 im k.k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie, Wien 1915, S. 22.
[14] Österreichische Landzeitung, 24.4.1915, S. 13.
[15] Wiener Zeitung, 6.4.1921, S. 13.
[16] 3.5.138.ED. Opfer von Luftangriffen, Wiener Stadt- und Landesarchiv.