„Den jungen Hans Kalmsteiner aber sandte man hinab an die Küste des blauen Meeres, um dort die nötigen Studien zu machen. Und er kam heim, seine Mappe gefüllt mit Entwürfen, die Seele voll Begeisterung über die wundersame Pracht jener Gegenden,“[1] erinnerte sich ein Jahrzehnt danach die Publizistin Anna Hottner-Grefe an die Vorbereitungen für die große „Adria-Ausstellung“, die im Jahr 1913 im Wiener Prater stattfand.
Hans Kalmsteiner sorgte für die malerische Ausgestaltung der Schau und entwarf auch eine Serie von Ansichtskarten zum Adria-Thema, die gleichsam eine Art „Ausstellung zum Mitnehmen“ waren.

Ansichtskarten zur „Adria-Ausstellung“, Wien 1913 (Wien Museum)
Geboren wurde der Künstler am 18. Dezember 1882 in Wien als Hans Unterkalmsteiner.[2] Schon sein aus Südtirol stammender Vater war als Bildhauer erfolgreich, und so wie sein Vater ließ auch der Sohn bei seiner künstlerischen Tätigkeit meist das, wohl als pejorativ empfundene, „Unter“ als Bestandteil des Namens weg. Hans Kalmsteiner absolvierte die Wiener Kunstgewerbeschule, die er im Jahr 1903 abschloss. Von 1904 bis 1911 war er Lehrer an den „Gewerblichen Fortbildungsschulen“ in Wien III. und Wien VI. und daneben als freier Künstler vielseitig aktiv. Neben der Malerei widmete sich Kalmsteiner verschiedenen gebrauchsgrafischen Arbeiten, wie etwa Plakaten, Geschäftspapieren, Urkunden[3] und Werbemarken. Für die Wiener Werkstätte entwarf er Ansichtskarten und einen Bilderbogen, und er gestaltete auch Glasfenster und Porzellandekor.

Ansichtskarten zur „Adria-Ausstellung“, Wien 1913 (Wien Museum)
Kalmsteiner arbeitete an verschiedenen Zeitschriften als Illustrator mit, so bei den Münchner „Meggendorfer Blättern“, den in Wien erscheinenden „Photographischen Notizen“ und beim satirischen Magazin „Lucifer“. Außerdem produzierte er Musterblätter für das Wiener „Fachblatt für Lithographie, Steindruckerei und Buchdruckerei“, das den Haupttitel „Freie Künste“ trug. Auch mit buchkünstlerischen Arbeiten beschäftigte er sich immer wieder. So etwa lieferte er 1902, noch als Student und unter dem Namen Unterkalmsteiner, einen Beitrag zu dem Buch „Schwarz auf Weiss. Wiener Autoren den Wiener Kunstgewerbeschülern zu ihrem Feste am 6. Februar 1902“.

Plakat, 1910 (Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg)
Hans Kalmsteiner beteiligte sich rege am Wiener Ausstellungsbetrieb, wobei er auch aktiv an der Gestaltung von repräsentativen Großausstellungen mitarbeitete. So etwa an der Jagdausstellung (1910), bei der er den dafür ausgeschriebenen Plakatwettbewerb für sich entscheiden konnte[4], und an der bereits genannten Adria-Ausstellung (1913).
Das Jahr 1914 hatte für Kalmsteiner gut begonnen: Er bekam einen Posten als Lehrer an der Staatsgewerbeschule Bozen, er konnte in Brünn in der neu errichteten „Jubiläumskirche“ die malerische Innendekoration abschließen und er stellte im Frühjahr in der 39. Jahres-Ausstellung des Wiener Künstlerhauses aus. Doch wie so viele musste er nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs einrücken, und wie so viele starb er bei den heftigen Kämpfen im Herbst des ersten Kriegsjahres. Laut den Aufzeichnungen des k. u. k. Militärkommandos ist anzunehmen, dass Hans Kalmsteiner am 16. November 1914 vor Krakau ums Leben kam.[5]
Printpublikation in: Bernhard Denscher, Gebrauchsgrafik aus Österreich. 51 Lebensläufe. Aesculus Verlag, Wolkersdorf 2022, S. 98–100.
[1] Hottner-Grefe, Anna: Künstlerschicksal, in: Neues Wiener Journal, 31.5.1923, S. 6.
[2] Siehe hier und in der Folge: Martischnig, Michael – Helmut Schipani: Johann und Hans Kalmsteiner. Zwei Südtiroler Künstlergenerationen in Wien um 1900, Wien 2007.
[3] Der Architekt, 1912, S. 65.
[4] Obwohl den ersten Preis des Wettbewerbs Alice Wanke für ihren Beitrag erhielt und Kalmsteiners Arbeit nur eine von 12 prämierten Einreichungen war, wurde letztendlich sein Plakatentwurf verwirklicht. Siehe: Grazer Tagblatt, 23.3.1909, S. 5.
[5] Martischnig – Schipani, Fußnote 2, S. 80.