Ladislaus Eugen Petrovits und die Wiener Ringstraße

Mit einem „Allerhöchsten Handschreiben“, das am 25. Dezember 1857 in der „Wiener Zeitung“ veröffentlicht wurde, gab Kaiser Franz Joseph den Auftrag, die Wiener Ringstraße zu bauen. Eröffnet wurde der Boulevard am 1. Mai 1865. Das 150 Jahr-Jubiläum wird nun mit verschiedenen Ausstellungen und zahlreichen Publikationen gefeiert. Ein besonders attraktives Werk ist dabei das von Walter Öhlinger und Eva-Maria Orosz herausgegebene Buch „Die Wiener Ringstraße in ihrer Vollendung und der Franz-Josefs-Kai. In Ansichten von Ladislaus Eugen Petrovits“.

Gleich in der Einleitung wird die Chronologie der Ereignisse – beginnend mit dem Handschreiben des Kaisers, das übrigens schon einige wichtige bauliche Details enthielt – dargelegt. Wie die Planungen aussahen und wie da besonders das Militär Einfluss nehmen wollte, wie sich die Gebäude letztlich zu dem Gesamtbild fügten, das wir heute kennen und, ganz besonders interessant, wie viel Geld da auch geflossen ist und wie in diesem Zusammenhang das Bürgertum immer selbstbewusster wurde – darüber gibt der Band Auskunft.

Parkring

Parkring

Was dieses Buch aber besonders beachtenswert macht, sind die Holzschnitte von Ladislaus Eugen Petrovits (1839–1907), die im Jahr 1875 erschienen und in denen der Künstler die Bauten der Wiener Ringstraße zu ihrer Entstehungszeit abbildete. Und bei Gebäuden, die damals noch nicht fertig waren, benützte Petrovits die Entwürfe der Architekten. So schuf er achtzehn zart kolorierte Abbildungen von Abschnitten der Ringstraße, in denen jeweils die Stadtseite und die Vorstadtseite gezeigt werden. Zwei Ansichten sind dem Franz-Josefs-Kai vorbehalten. Und zu diesen Abbildungen liefern die Buchherausgeber nicht nur detaillierte Beschreibungen der Häuser, sondern auch Informationen zur Baugeschichte und zu den Biografien der Bauherren – und geben somit auch einen detailreichen Einblick in das Gesellschaftsleben der „Ringstraßenära“.

Schottenring

Schottenring

Ladislaus Eugen Petrovits ist heute nahezu vergessen, war aber zu Lebzeiten ein anerkannter und erfolgreicher Künstler. Der Sohn des Bildhauers Demeter Petrovits wurde in Wien geboren und erhielt seine Ausbildung an der Akademie der bildenden Künste. Von ihm sind einige interessante Architektur- und Landschaftsbilder erhalten, er illustrierte darüber hinaus Bücher und arbeitete für internationale Zeitungen, wie etwa die Leipziger „Illustrierte Zeitung” oder für „L’Illustration” in Paris. Doch Petrovits war nicht nur ein vielseitiger Maler, Zeichner und Illustrator, sondern einer der ersten namentlich bekannten Entwerfer von Bildplakaten in Österreich. So etwa stammt von ihm die Affiche zur „Historischen Ausstellung der Stadt Wien“ im neu erbauten Wiener Rathaus aus dem Jahr 1883 sowie das Plakat zur „Jubiläums-Gewerbe-Ausstellung 1888“. Beide Blätter waren noch in dem für die Entstehungszeit typischen, überladenen Diplomstil gehaltenen, aber eben schon farbig illustriert.

Die aktuelle Neuerscheinung mit Petrovits‘ präzisen Ansichten der Ringstraße stellt nicht nur ein aufschlussreiches Dokument der Wiener Architekturgeschichte dar, sondern erinnert gleichzeitig an einen interessanten österreichischen Künstler.

Öhlinger, Walter – Eva-Maria Orosz: Die Wiener Ringstraße in ihrer Vollendung und der Franz-Josefs-Kai. In Ansichten von Ladislaus Eugen Petrovits, Schleinbach 2014.