„Ausgerechnet Bananen …“: Zur Geschichte des Wiener Bohème-Verlags

Die gängigen Buchhandelsadressbücher geben das Datum der Verlagsgründung mit 1. November 1919 an und schon die ersten Verlagswerke tragen den Vermerk „Copyright 1919“. Im Umfeld der Gründung standen der Komponist Robert Stolz (1880–1975), der sich finanziell beteiligte,[1] und der Bruder von Otto Hein, Erwin Hein, der zeitweise als Prokurist des Unternehmens tätig war und von dem später ausführlicher die Rede sein soll.

Abb. 1 Der erste Firmenbriefkopf, 1919

Der „Schriftsteller“ Otto Hein, der seine Firma bei der Behörde anmelden musste, wurde am 17. Juni 1887 in Brünn geboren.[2] Er stellte ein Ansuchen am 20. August 1920 um Eintragung des Verlags in das Handelsregister und wurde – die Bürokratie bei Firmengründungen war ein Spießrutenlauf – umgehend aufgefordert, dem Handelsgericht gegenüber „den Firmenzusatz ‚Wiener Bohème Verlag‘ eingehend zu begründen“. Das tat er auch:
Was den von mir gewählten Zusatz „Wiener Bohème Verlag“ anlangt, um dessen Bewilligung ich das hohe Handelsgericht gebeten habe, so erlaube ich mir auszuführen, dass es im Verlagsgeschäfte häufig üblich ist, sich gewisser prägnanter Firmen, bezw. Firmenzusätze zu bedienen. Ich gestatte mir in dieser Beziehung an die Bezeichnungen: „Drei Maskenverlag“, „Universums-Verlag“, „Alberti Verlag“ zu erinnern. Ich bin selbst früher Schauspieler und Schriftsteller gewesen, ehe ich mich dem Verlagsgeschäfte zugewendet habe und habe jahrelang in den Kreisen der Wiener Bohème verkehrt. Bei Gründung und bei dem Betriebe meines Verlagsgeschäftes nütze ich selbstverständlich meine Beziehungen zu der Wiener Bohème aus und will daher durch den gewählten Firmazusatz „Wiener Bohème Verlag“ zum Ausdruck bringen, dass ich mein Verlagsgeschäft auf meine Beziehungen zu der Wiener Bohème stütze, dass ich aus ihren Kreisen hauptsächlich meine Werke beziehe und dass die bei mir verlegten Werke künstlerisch und inhaltlich der Wiener Bohème angehören. Infolgedessen habe ich den Firmazusatz „Wiener Bohème Verlag“ gewählt und bitte ein hohes Gericht, mir gütigst diesen Zusatz bewilligen zu wollen.[3]

Abb. 2 Gruppenbild mit Erwin und Otto Hein, Die Bühne, 3. Jg, Heft 85, 24.6.1926, S. 12

Das Gericht äußerte keine Bedenken, sodass Otto Hein am 26. November 1920 als Einzelkaufmann unter Reg. A 53, 44 ins Handelsregister eingetragen wurde. Kurz darauf wurde die Prokura an den „Schriftsteller“ Ernst Wengraf (1886–1933), mit dem Otto Hein u.a. die Operetten „Pension Schraube“ (1916, Musik von Robert Stolz) und „Familie Rosenstein“ (1917, Musik von Robert Stolz) geschrieben hatte, erteilt. Wengraf blieb auf diesem Posten bis Anfang 1930, war aber auch gleichzeitig als Verleger in eigener Sache unterwegs. Am 30. Juni 1922 hatte er einen Musikalienverlag mit Ausschluss des Ladengeschäftes im 19. Bezirk gegründet und dann eine Zeit lang den „Wiener Phönix Verlag Wengraf & Co.“ geführt.[4] Wengraf zog nach Berlin und machte im Juli 1933 im Alter von 46 Jahren seinem Leben ein Ende. Wie Löhner-Beda, war auch er dem Wiener Fußball verbunden. Er diente viele Jahre lang als Funktionär der Vienna. 1922 (und bis 1930) wurde der jüngste Bruder Carl Günther Hein – am 1. Dezember 1896 in Brünn geboren – Prokurist.

Abb. 3 Firmenbriefkopf in den 1920er Jahren

Bevor die Firmengeschichte weitergeführt wird, ein paar Worte zum Verleger und zur Entwicklung des Verlags. Trotz seiner jahrzehntelangen Präsenz in der Öffentlichkeit ist in der Operettenliteratur über Otto Hein als Textdichter und Verleger im Gegensatz zu seinen vielen Geschäftspartnern und Musikkollegen wenig zu erfahren, auch sein Sterbedatum wurde noch nicht ermittelt. Er wurde, wie sein Bruder Erwin, in Brünn geboren und hat, teilweise mit Koautoren, Dutzende Liedtexte und Operettenlibretti für seinen zeitweiligen Freund Robert Stolz geschrieben, u.a. „Du liebes Wien“ (1913, Operette, gem. m. Kurt Robitschek), „Pension Schraube“ (1916, Operette, gem. m. Ernst Wengraf), „Die anständige Frau“ (1916, Operette), „Die schöne Katharin“ (1916, Operette, gem. m. Ludwig Hirschfeld), „Die Hose des Tenors“ (1917, Operette, gem. m. Wilhelm Berg), „Muzikam“ (1918, Operette), „Die schöne Maske“ (1918, Operette, gem. m. Ernst Wengraf), „Das Haus des Schreckens“ (1920, Operette, gem. m. Ernst Wengraf). Mit Robert Stolz arbeitete Otto Hein von 1913 bis 1921 eng zusammen, danach nicht mehr. Das kann durchaus damit zusammenhängen, dass Hein Stolz dessen (zweite) Ehefrau (von der Stolz sich 1919 scheiden ließ), die populäre Cabaretsängerin Franzi Ressel (1892–1968), ausspannte und am 21. Oktober 1923 heiratete.[5]

Wie war der Ruf der „Schlagermusik“ und wie stand Otto Hein dazu?

Das Phänomen der Wiener Tanz- und Schlagermusik

Abb. 4 Karikatur zur Redoutensaison 1922, Prager Tagblatt, 16.4.1922, S. 3

Es gab es des Öfteren Versuche, den Erfolg bzw. das Phänomen der Wiener Tanzmusik der 1920er Jahre zu ergründen oder zu erklären. Ein solch frühes Beispiel war eine Beobachtung von „Kajetan“ am 16. April 1922 im Prager Tagblatt unter dem Titel „Schön sind die Mädels in Prag …“, eine Anspielung auf das Lied von Hermann Leopoldi (Musik) und Beda (Text), das 1922 im Wiener Bohème-Verlag erschien:

Die Geburtsstätte dieser modernen Tanzmusik ist Wien. Freilich, ihr Takt stammt nicht vor (sic) hier, er hat nichts zu tun mit dem gleichmäßigen Schleifschritt des Walzers; die Klänge sind nicht hier gewachsen, wo seit urdenklichen Zeiten aus der Wesensart der Wiener Menschen und der Landschaft eine eigene Musik aufblühte; Klang und Rhythmus dieser Tänze kommen von fernher, aus dem Norden und Süden Amerikas, aus der Primitivität exotischer Volksweisen, aus Schifferkneipen der Hafenstädte, in ihnen steckt Urwald und Negerkomik, Barbarei und Überfeinerung, sie sind aber vor allem das Produkt der Großstadt, die alles auffängt, alles verwertet und erst zum international verständlichen Kunstprodukt macht. Die Rohstoffe sozusagen der modernen Tanzmusik, ihre Ingredienzien sind fremdes Gut, aber die Ware selbst, dieses seltsame Luxusgeschöpf, wird in Wien erzeugt. Wo immer man heute tanzt, ob in Paris oder London, in New York oder in Rom, in Berlin oder Prag – überall erklingen jene Weisen, deren unsichtbare Ranke den Vermerk trägt: Made in Austria. Es ist augenblicklich vielleicht der größte Exportartikel jener Musikstrom, der sich von Wien in die Tanzlokale des Montmartre, in die unterschiedlichen „Feenpaläste“ Berlins, in die Bars und Tanzhallen der großen Städte ergießt, und der Uneingeweihte macht sich nur schwer eine Vorstellung davon, welch Riesenunternehmen es ist, das die Welt mit Tanzmusik versorgt. (…) Der große Wiener „Boheme“-Verlag allein sendet täglich ganze Wagenladungen seiner Lieder in die Welt. Ihm gehören eine Reihe der bekanntesten Liederkomponisten, Textdichter und Zeichner an. Robert Stolz, vor wenigen Jahren noch ein armer Mann, ist an seiner „Klingelfee“ allein zum Millionär geworden. Er hat seither mehrere Dutzend neuer Lieder, neuer Tanzweisen geschrieben. Neben ihm am fruchtbarsten sind [Willy] Engel-Berger, der ehemalige Barspieler des Café Sacher, Gyula Geiger, die Brüder Leopoldi, Oskar Geiger, der Komponist der österreichischen Nationalhymne „Nur eine Nacht!.. [sollst du mir gehören]“[6]

Der Gründer des Wiener Bohème-Verlags, Otto Hein, fühlte sich 1926 gezwungen, den finanziellen wie auch den Publikumserfolg seines Verlagsprogramms zu verteidigen und sich gegen Vorwürfe zu wehren, wonach das Wienerlied zum Schaden der einheimischen Musik (von ihm) „amerikanisiert“[7] worden sei. Seine Replik an seine ungenannten Kritiker ist auch ein Stück musikalischer Sozialgeschichte:

Mir wurde häufig der Vorwurf gemacht, daß mein Verlag, der Wiener Bohme-Verlag, vielfach durch die Propaganda der amerikanischen Musik die einheimische Produktion beeinträchtige. Dagegen muß ich vor allem nach zwei Richtungen Stellung nehmen:
Erstens hat es der Wiener Bohme-Verlag immer als seine vornehmste Aufgabe betrachtet, Talente zu suchen und zu fördern, und ich kann mit Befriedigung konstatieren, daß unser junger Nachwuchs, zum Beispiel (alphabetisch) Jara Benes, Ralph Erwin, Richard Fall, Robert Katscher usw. nicht nur in den Ländern der deutschen Zunge, sondern in der ganzen Welt durch uns popularisiert wurde und großen Erfolg hatte.
Zweitens habe ich mich immer bemüht, das gute Wienerlied als Fortentwicklung der Wiener Tradition zu kultivieren und Richard Falls „Im roten Hirschen“ oder Engel-Bergers „Das ist a Wein“ sind mir zu großen Erfolgen gediehen. Sogar eine Urwiener Operette „Das Sperrsechserl“ ist in meinem Verlag erschienen und die Weisen „A klane Drahrerei“ und „Da geh‘ ich hinaus in den Wienerwald“ gehören längst dem klassischen Wiener Lieder-Repertoire an. Was nützen die edelsten Bestrebungen, wenn das beste Wienerlied dem übelsten Foxtrott in Bezug auf geschäftliche Auswertung nicht standhalten kann. Was hilft es, fortwährend über vergangene Herrlichkeit zu klagen und die Vorzüge des edlen Wiener Walzers zu betonen, wenn der Wiener selbst sich von seinem Walzer abkehrt und wenn es schon so weit ist, daß das Dirndl unter dem Maibaum und beim Feuerwehrfest nur mehr Foxtrott und Blues tanzt. So wird mir meine Marschroute vorgeschrieben.
Bis zum Kriege war die Wiener leichte Musik in der ganzen Welt führend, durch die unglücklichen 5 Jahre der Weltkatastrophe wurden wir von Amerika abgeschnitten, unser Musikexport fiel aus. Amerika, von den Verwüstungen des Krieges verschont, brauchte jedoch weiterhin neues Material. Was blieb ihnen übrig? Sie versuchten es im „eigenen Wirkungskreis“, und siehe da, es gelang: sie erfanden einen neuen Rhythmus, neue Klangwirkungen und prägten einen neuen Stil in der Musik, der nach dem Kriege, durch das Übergewicht der Amerikaner in allen Belangen, sich über die ganze Welt verbreitete.
Der Wiener Bohème-Verlag unternahm den Versuch, die Wiener Schule in Wettbewerb mit der amerikanischen Klasse treten zu lassen, und das gelang bisnun (sic) mit glänzendem Erfolg.[8]

In den Augen mancher Zeitgenossen war „das gute Wienerlied“ nicht das einzige Opfer der Flut von amerikanischer Tanzmusik, auch die gute alte „Hausmusik“ war längst in Gefahr. Wie ein Beobachter im Herbst 1928 in einer Wiener Zeitung schrieb, waren die Schuldigen leicht auszumachen, und zwar in erster Linie die „Neuen Medien“. Aber nicht nur sie. Unter dem Titel „Radio und Grammophon haben die Hausmusik verdrängt. Nicht mehr das ‚Gebet einer Jungfrau‘, dafür aber ‚Halleluja‘“[9] wird von der „guten, alten Zeit“ erzählt, als junge Mädchen über die Straße mit „Musik“ unterm Arm gingen. Die langen Zöpfe waren dem Bubikopf gewichen, und warum Musik zuhause spielen, wenn man die feinsten Aufführungen im Radio hören konnte?
Man erinnert sich ihrer noch genau! Sie ging wiegenden Schrittes über die Straße, auf dem Rücken baumelte ein langer Zopf mit einer breiten Masche und unter dem Arm hielt sie eine schwarze Mappe, auf der man in großen, silbernen Lettern ein einziges, dafür aber um so klangvolleres Wort lesen konnte: „Musik“.
Weiß Gott, wohin das Mädchen mit der Musikmappe gekommen sein mag. Man sieht es nicht mehr, es ist verschwunden wie die langen, baumelnden Zöpfe überhaupt. Und mit der Musikschülerin schwindet auch die Hausmusik. Man sollte es nicht für möglich halten, in Wien, der Stadt der Musik, in der früher in jeder bürgerlichen Familie musiziert wurde, hat – so wenigstens stellen zu ihrem Leidwesen die Musikalienhändler fest – die Hausmusik einen geradezu katastrophalen Rückgang erfahren.
Und es wird von Jahr zu Jahr schlechter.
Der Prokurist der Universal-Edition Dr. Hans Heinsheimer weiß ein Lied davon zu singen. Die großen Musikalienverleger mußten in den letzten zehn Jahren die Produktion an Hausmusik in einschneidendem Maß reduzieren, weil sie fast nichts mehr verkaufen können. Ein großer Musikverlag, der im Jahr 1923 noch zehn Streichquartette herausgab, brachte im Jahr 1927 nur mehr ein einziges.
Aber auch die modernen großen Komponisten mußten sich umstellen. Sie alle haben sich von der Hausmusik zurückgezogen und werfen fast nur mehr Opern- und Orchestermusik auf den Markt.
Und die Ursache? Eine allgemeine Erscheinung unserer Zeit. Der Sport ist schuld, er beschäftigt die Leute, sie gehen lieber schwimmen, zu Fußballkämpfen, als daß sie an freien Tagen daheim sitzen und Musik machen. Es fehlt die Geruhsamkeit des Lebens.
Und dann die große Konkurrenz des Radio!

R a d i o  u n d  G r a m m o p h o n  h a b e n  d i e  H a u s m u s i k  v e r d r ä n g t !

Jedem Menschen ist heute die Möglichkeit geboten, die besten Aufführungen im Radio zu hören, man braucht nicht mehr selbst in mehr oder weniger dilettantischer Art auf dem Klavier zu klimpern oder auf der Geige zu kratzen.[10]

Der Wiener Bohème-Verlag (Otto Hein) war primär auf Musiknoten spezialisiert, nur selten – und es ist lediglich ein Fall bekannt – hat Hein auch Bücher herausgegeben, und das war im Mai 1925. Der Anlass: eine „vermehrte und verbesserte Auflage“ der Satire Getaufte und Baldgetaufte von Beda, die 1908 bei Huber & Lahme Nachfg. in Wien in erster Auflage erschienen war. Die farbige Umschlagzeichnung mit einer boshaften Karikatur stammt von Carl Josef [Pollak] (1877–1937). Der Band ist Teil einer „Boheme-Bibliothek“, doch weitere Bände sind nicht bekannt. (Siehe Abb. 5 und 6)

Links: Abb. 5 Getaufte und Baldgetaufte. Umschlagzeichnung von Carl Josef [Pollak] / Rechts: Abb. 6 Titelblatt Getaufte und Baldgetaufte, 1925

Passend zur Satire ist die karikierte Version des Verlagslogos auf der vierten Umschlagseite (Abb. 7):

Die Werbung …

Die „I. Wiener Boheme Redoute“ 1924 war gewiss eine Form der Werbung für den Verlag, eine andere bediente sich der Bilderbogen. Die Serie der witzigen Reklamen nannte sich „Wiener Bohème Bilderbogen“. Es war dies eine Comicserie, die der Verlag möglicherweise der satirischen Zeitschrift Der Götz von Berlichingen abgeschaut hatte, denn diese veröffentlichte wöchentlich bis 1934 „Bilderbogen des kleinen Lebens“. Bis zu seinem Tod im Oktober 1925 wurde die Serie von dem 1872 geborenen Fritz Gareis gezeichnet, danach engagierte man den Wiener Kunstmaler Karl Theodor Zelger (K.Th. Zelger), der bis zur erzwungenen Einstellung der Zeitschrift die populäre Serie weiterführte.

Abb. 8 Werbung für Musikwerke. Zeichnungen von Karl Theodor Zelger. Quelle: Archiv Wiener Volksliedwerk

Im Jahr 1925 wurde Zelger vom Wiener Bohème Verlag angeheuert, um Bilderbogen zu zeichnen, die jeweils die letzte Umschlagseite eines Notendrucks ausfüllten (Abbildung 8) und für sechs Verlagswerke Reklame machten. Über die Jahre haben zahlreiche, allzu häufig anonym bleibende Künstler die Umschläge für den Wiener Bohème-Verlag illustriert.[11] Zu den Eruierbaren zählt der „Blitzmaler“ Otto Dely (1884–1935), der bei der Bohème-Redoute auftrat und über die Jahre viele Dutzende farbige Umschläge entwarf, darunter „Spieldosen-Shimmy. Text von Fritz Grünbaum und Beda“ (Abb. 9), „In der Bar zum Krokodil. Lied und One-step. Text von Beda. Musik von Willy Engel-Berger“ (Abb. 10), „Was machst Du mit dem Knie, lieber Hans? … Paso Doble. Text von Beda. Musik von Richard Fall“ (Abb. 11) sowie „Wo sind deine Haare, lieber August? Foxtrot. Text von Beda. Musik von Richard Fall” (Abb. 12).

Links: Abb. 9 Notenexemplar „Spieldosen-Shimmy“. Umschlagzeichnung von Otto Dely. Quelle: Archiv Wiener Volksliedwerk / Rechts: Abb. 10 Notenexemplar „In der Bar zum Krokodil.“ Umschlagzeichnung von Otto Dely

Links: Abb. 11 Notenexemplar „Was machst du mit dem Knie, lieber Hans?“ Umschlagzeichnung von Otto Dely / Rechts: Abb. 12 Notenexemplar „Wo sind deine Haare, lieber August?“ Umschlagzeichnung von Otto Dely

Dank seines finanziellen Erfolgs konnte Hein durchaus „standesgemäß“ wohnen, und zwar in der berühmten Kerzl-Villa, die einst im Besitz des Leibarztes von Kaiser Franz Joseph gewesen war und sich in der Gloriettegasse 6 im Wiener Nobelbezirk Hietzing befand. Als sich Otto Hein nach Paris abmeldete[12] – Franzi Ressel ging mit ihm nach Frankreich – gab es Mutmaßungen in der Presse im März 1935 über den wahren Grund für seine (plötzliche?) Abreise: „Otto Hein, der in erster Ehe mit Franzi Ressel verheiratet war, mußte nach Beginn des Hitler-Regimes seinen Wohnsitz nach Paris verlegen und verlor schließlich das Interesse an seiner Wiener Villa. Da sich kein geeigneter Käufer fand, gelangt jetzt die Villa zur Versteigerung. Der Schätzwert beträgt 120.000 Schilling, das geringste Angebot 60.000 Schilling.“[13]

In Paris soll Otto Hein beim Musikverlag Édition Coda SA gearbeitet haben, der 1933 österreichische Komponisten wie Walter Jurman (1903–1971) und Hermann Leopoldi herausgab. Wie lang Hein (und Ressel) in Frankreich blieben, wäre noch zu eruieren. Fest steht, dass Hein vor Kriegsausbruch nach London gezogen ist, wo er einen (noch nicht eruierten) Musikverlag gründete, der Werke Wiener Komponisten vertrieb. Hein war nämlich kurz vor Weihnachten 1946 wieder in Wien und hat, wie er einer Zeitung anvertraute, für seine Londoner Firma zwei große Kompositionen von Frank Fox (1902–1965) erworben. Diese Werke sollten in der laufenden Saison durch die Vermittlung von Hein in der Royal Albert Hall von Heinz Sandauer und Frank Fox uraufgeführt werden.[14] Dazu ist es nicht gekommen, und dort verliert sich vorerst die Spur Otto Heins. Franzi Ressel kehrte nach dem Krieg nach Wien zurück.

Abb. 13 Gruppenbild. Otto Hein in der Bildmitte. Die Bühne, Heft 283, 1.7.1930, S. 24

In der Zeit zwischen 1919 und 1932 durfte der Wiener Bohème Verlag (Otto Hein) dank mehrerer – in der heutigen Sprache – „Megahits“ und der Hochkonjunktur für immer mehr Operettenschlager enorm profitabel gewesen sein. Bis 1933 hat es immerhin über 800 Verlagswerke gegeben.[15] Maurus Pacher schreibt: „Obwohl der Wiener Bohème Verlag Anfang der Dreißiger Jahre der bedeutendste noch in einer Hand befindliche deutsche Schlager-Verlag war (Spitzenreiter: Nur eine Nacht sollst du mir gehören von Oskar Geiger mit einer Druckauflage von 2 Millionen Notenexemplaren, Salome von Robert Stolz mit 1 Million, Hallo, du süße Klingelfee von Stolz mit 800 000 und Ich hab‘ mein Herz in Heidelberg verloren von Fred Raymond mit 500 000), geriet Otto Hein in wirtschaftliche Schwierigkeiten.“[16] Eine Wende im Verlag zeichnete sich spätestens Ende 1931 ab.

Der Markt für Operettenschlager und Wiener Lieder, auf dem nach 1918 gut zwei Dutzend neugegründete Verlage aktiv waren, war heiß umkämpft und Tantiemenstreitigkeiten konnten nicht ausbleiben. Auch beim Wiener Bohème Verlag nicht. Der Verlag verfügte seit 1932 über die Rechte von einigen Nummern aus Franz von Suppés erfolgreicher Operette „Die schöne Galathee“ (1865) in der musikalischen Neubearbeitung von Kurt Robitschek (1890–1950) und Fritz Rotter (1900–1984). Robitschek flüchtete 1933 aus Berlin, emigrierte nach Wien und übernahm ab September 1933 die Leitung der Kammerspiele. Als er nach Wien übersiedelt war, trat er als Leiter der Kammerspiele mit dem Wiener Bohème-Verlag in Verbindung und musste einen Bühnenaufführungsvertrag hinsichtlich der Neubearbeitung von Franz von Suppés Operette abschließen. „Dafür mußte Robitschek dem Verlag eine vierprozentige Gebühr der Nettoeingänge von den Aufführungen überlassen. Robitschek weigerte sich jedoch, diesen Prozentsatz abzuführen, da er den Verlag für die anderweitige Nichtplacierung des Werkes verantwortlich machte und sich weiter auf den Standpunkt stellt, daß ihm und seinen Mitarbeitern ja doch die fünfundsiebzigprozentige Tantiemengebühr zustehe, so daß ihm von den von ihm als Direktor zu leistenden vier Prozent drei Viertel als Autor zustünden.“[17] Der zuständige Richter wollte die Klage vorerst auf ihre sachliche Zuständigkeit überprüfen und vertagte die Verhandlung. Wir können davon ausgehen, dass sich Robitschek nicht lang genug in Wien aufhielt, um auf den Ausgang zu warten und dem Verlag die Tantiemen schuldig blieb. Schon vor der Premiere am 2. Februar 1934 wurde Robitschek von einer abgewiesenen Sängerin vor dem Gewerbegericht wegen einer Zahlung von 2000 Schilling geklagt, auch hier kam es zu einer Vertagung.[18] Im April 1934 brachten Bühnenarbeiter acht Klagen gegen Robitschek ein, weil er ihnen das ihnen zustehende Geld nicht bezahlt hatte.[19] Zur Einvernahme einer Reihe von Zeugen wurde die Verhandlung vertagt. Auch hier ist es unwahrscheinlich, dass Robitschek bezahlt hat, denn er war – einer Zeitungsmeldung Anfang 1937 (!) zufolge – „mit Hinterlassung sehr bedeutender Verpflichtungen verschwunden und konnte seither nicht ausgeforscht werden“.[20] Aber er wurde dann doch Anfang Jänner 1937 in Wien verhaftet, konnte aber gegen Kaution freikommen.

„Aus jedem Café gellt es, von jeder Grammophonplatte kreischt es und jeder Leierkasten dudelt es: „Ausgerechnet Bananen …“. Zur Entstehung eines Schlagerhits: „unser neuer Nationalgesang“[21]

Während wir über den rasanten Absatz von „Yes! we have no bananas“ in Amerika nach dem Erscheinen 1923 informiert sind (siehe unten), fehlen entsprechende konkrete Zahlen für den österreichischen, deutschen und europäischen Markt. Ohne Kenntnis des Verlagsvertrags mit Dr. Fritz Löhner-Beda und der Aufteilung der Verwertungs- und Aufführungsrechte (etwa Übersetzungen, Lizenzen, Schallplattenaufnahmen) können wir davon ausgehen, dass „Ausgerechnet Bananen!“ nicht nur der Durchbruch Löhner-Bedas war, sondern auch gewaltige Tantiemen für ihn bedeutete und Otto Hein und seinem Wiener Bohème-Verlag große Einnahmen bescherte. Wie Barbara Denscher in ihrer Werkbiographie über Victor Léon nachweist, gab es bei erfolgreichen Operettenwerken astronomische Einnahmen.[22] Anlässlich des Erscheinens des 50. Liedes von Fritz Löhner-Beda widmete der Verlag „unserem lieben Mitarbeiter“ eine Sonderausgabe (siehe Abbildung 14).

Links: Abb. 14 Sonderausgabe anlässlich des 50. von Fritz Löhner-Beda im Wiener Bohème-Verlag erschienenen Liedes / Rechts: Abb. 15 Notenexemplar Bananen-Shimmy. Quelle: Archiv Wiener Volksliedwerk

Löhner-Beda wurde im Laufe der 1920er Jahre des Öfteren gefragt, wie es zu seinem vom amerikanischen Original abweichenden deutschen Text[23] kam bzw. hat er dies von sich aus in Form einer Anekdote erzählt. So liest man in einem Bericht aus dem Februar 1924 zeitnah zum „I. Wiener Bohème Redoute“:

Zum Erfolg des Liedes bei uns hat neben dem packenden Rhythmus die schlagende Übersetzung des Textes viel beigetragen; der deutsche Text soll auf folgende Weise entstanden sein: Als Dr. Löhner-Beda, Textautor zahlreicher Weltschlager, damit betraut wurde, der amerikanischen Musik deutsche Worte zugrunde zu legen, verlangte ein Wiener Verlag von ihm die Beibehaltung des Wortes „Bananen“. Beda bemühte sich lange Zeit vergeblich, die gute Idee blieb aus. Schließlich wurde der Text immer dringender gefordert und so rief er am Ende voll Verzweiflung: „Ausgerechnet Bananen verlangt man von mir!“ Damit war plötzlich der lange gesuchte Einfall da. Si non e vero … Die Auflageziffer selbst eines solchen Riesenschlagers erreicht übrigens keineswegs die von Laien gewöhnlich vermutete Höhe.[24]

Beda erzählte die Geschichte leicht variiert in einem eigenen Beitrag im Neuen Wiener Journal im Herbst 1929 und gewährte einen Einblick in die Werkstätte des erfolgreichen „Textierers“ (siehe Abb. 15):

Durch die Flut amerikanischer Tanzmusik, die nach dem Krieg Europa beglückte, wurde die Arbeit in der „Textierbranche“ noch erheblich erschwert. Der synkopierte Rhythmus, vielfach für die englische Sprache geeignet, ist für den deutschen Worteverfasser ein dorniges Problem. Ungarisch und tschechisch kann man diese Synkopen leichter fassen als deutsch; dazu kommt die knappe Form der Vorstrophe, in der man kaum etwas halbwegs Handlungsmäßiges sagen kann, und der oft sehr lange Refrain, der schon sehr „stark“ textiert sein muß, um bei dreifacher Wiederholung nicht langweilig zu werden.
Und doch ist dieser schwer zu konstruierende Text, insbesondere seine erste Zeile, von eminenter Wichtigkeit für den Erfolg der Musik. Selbstverständlich gibt es so ausgezeichnete musikalische Einfälle, daß der mittelmäßigste, nicht direkt verfehlte Text genügt, um dem Liede Flügel zu verleihen. Anderseits trägt eine gute Textzeile oft einen schwachen musikalischen Einfall zum Erfolg. Allerdings ist der reine „Texterfolg“ sehr kurzlebig. So ein Textschlager taucht meteorartig auf, verpestet einige Zeit mit seiner minderwertigen Musik die Luft aller Tanzlokale und verschwindet nach einigen Monaten auf Nimmerwiedersehen. Nur die musikalische wertvolle Schlagernummer überlebt die Saison.
Der Einfall für die erste, wichtige Textzeile entsteht sehr oft durch eine zufällige Wendung des Gesprächs, einen Glücksfall der Stimmung oder gar durch einen Irrtum. So kommt es oft, daß irgendein Dilettant paarmal hintereinander „Schlagertexte“ verfaßt, sich ein Goethe dünkt und nicht ahnt, daß er zu dem Erfolg wie ein blindes Huhn zu einem Korn gekommen ist. Anderseits muß auch der „Fachmann“ gestehen, daß ihm zu der erfolgreichen Schlagzeile nicht immer seine Begabung und Routine, sondern ein freundlicher Zufall verhilft. Als ich zehn Texte auf den amerikanischen Bananenschlager konzipiert hatte und der Verleger [Otto Hein] alle zurückwies, weil das Wort „Bananen“ nicht vorkam, rief ich etwas verärgert: „Ausgerechnet Bananen verlangt er von mir!“ und hatte damit die Schlagzeile des Weltliedes.[25]

Redoute Bananes!

Als Marktführer bzw. vermeintlicher Monopolist in Sachen musikalischer Bananen-„Verwertung“ stieß es dem Verlag sauer auf, als bekannt wurde, dass das Cabaret Simpl an der Bananenkonjunktur mitnaschen wollte. Ausgerechnet 1924, zu einem Zeitpunkt, als der Verlag die „I. Wiener Boheme Verlag Redoute“ vorbereitete.

Abb. 16 „Redoute Bananes!“ Anzeige in Neues 8 Uhr-Blatt, 21.2.1924, S. 8

Das Cabaret warb nämlich täglich in den Zeitungen im letzten Februardrittel für seine „Redoute Bananes!“, wobei der Verlag der Ansicht war, der Name wäre „geschützt“ – wohl nicht in der französischen Form. Damit es ja zu keiner Verwechslung komme, wandte sich der Verlag mit folgender Notiz an die Zeitungen: „Der Wiener Bohème-Verlag ersucht uns mitzuteilen: ‚Die im Kabarett ‚Simplicisimus‘ stattfindende Redoute, welche ohne unsere Einwilligung den Namen ‚Bananen Redoute‘ sich beigelegt hat, steht in keinem wie immer gearteten Zusammenhang mit der großen Veranstaltung der Konzertdirektion Knepler und des Wiener Bohème-Verlages, der I. Wiener Bohème-Redoute unter der Devise ‚Ausgerechnet Bananen!‘, welche am 1. März 1924 in sämtlichen Konzerthaussälen stattfindet.’“[26]

Die „I. Wiener Bohȇme-Redoute“

Die in den Zeitungen breitflächig angekündigte „Erste“ (Wiener) Bohème Redoute im Jahr 1924 war gar nicht die erste ihrer Art, denn am 20. Februar 1920 hatte eine „Bohème-Redoute“ im Marmorsaale und in sämtlichen Räumen des Militärkasinos am Schwarzenbergplatz Nr. 1, „unter großer Beteiligung der Kunstwelt statt“gefunden. „Das Gruppenarrangement haben bekannte Maler und Bildhauer übernommen. In der Tanzpause Improvisationen der Bohemiens.“[27] Zwei Jahre später, am 14. Jänner 1922, fand die nächste Boheme-Redoute in sämtlichen Räumen der Sophiensäle statt. Zahlreiche Künstler haben ihr Erscheinen zugesagt und werden im Verein mit den bereits angemeldeten Gruppen ein originelles Bild aus der Bohemewelt bieten. In der Bohemekneipe am Montmartre: lustige Improvisationen von Bohemiens.“[28] Es hat den Anschein, dass der Wiener Bohème-Verlag nicht an diesen beiden Veranstaltungen beteiligt war. Aber Mitte Februar 1924 setzte die bezahlte Werbung für die „I. Wiener Boheme-Redoute“ ein. Zu den besonderen Attraktionen der Redoute – neben vielen anderen – zählte eine Schlagerkonkurrenz, was natürlich als Werbung für den Wiener Bohème-Verlag gedacht war. In den Zeitungen erschien folgender Aufruf:

A u f r u f  a n  K o m p o n i s t e n !
Bei der am 1. März d.J. in sämtlichen Konzerthaussälen stattfindenden Ersten Wiener Bohême-Redoute unter der Devise: „Ausgerechnet Bananen!“ findet eine große Schlagerkonkurrenz statt, an der sich jeder Komponist beteiligen kann, welcher eine Komposition des leicht textierbaren Tanzgenres an das Komitee der Wiener Bohême-Redoute, Wien, 4. Bezirk, Rechte Wienzeile 33, einsendet. Die Jury, bestehend aus den Herren: Generaldirektor Otto Hein, Franz Lehar, Dr. Fritz Löhner-Beda, Hugo Knepler und Graf Leopold Löwenstein, wählt aus den eingesandten Werken fünf Kompositionen aus, welche vom großen Orchester aufgeführt werden und über die das gesamte Publikum sodann durch Abstimmung entscheiden wird. Der erste Preis beträgt 5,000.000 Kronen, der zweite Preis 3,000.000 Kronen, der dritte Preis 1,000.000 Kronen. Alle preisgekrönten Werke erscheinen im Bohêmia-Verlag (!) Die Instrumentation der fünf ausgewählten Kompositionen hat der Komponist zu besorgen oder wird auf seine Kosten durch den Bohême-Verlag hergestellt. Jeder Einsendung hat ein geschlossenes Kuvert mit einem Kennwort, enthaltend den Namen und die Adresse des Autors, beigelegt zu werden. Einsendungstermin ist der 25. Februar 1924.[29]

Neben der Wahl der Gewinner durch das Publikum gab es einen witzigen Einfall gemäß der Devise des Abends „Ausgerechnet Bananen!“: eine Bananenernte. Das Programm war, gelinde gesagt, sehr bunt:

(Erste Wiener Bohemeredoute), unter der Devise „Ausgerechnet Bananen“. Faschingsamstag, den 1. März 1924 in sämtlichen Konzerthaussälen. Das Programm dieses neuen großen Faschingsfestes ist vorläufig nachfolgendes: Großer Saal: zwei Ballorchester, André Hummer und Wilhelm Wacek; ½ 12 Uhr: Einzug der Boheme-Schlagergruppen; 1 Uhr: Bananenernte. Mittlerer Saal: Jazzband, Original-Geigerbuben, Blitzdichterstube Be-Fa-Ge (Beda, Farkas, Grünbaum). Blitzmalerei „Delirium“ (Deli, akademischer Maler Straßer), Blitzkomponisten Hütte „Die Notenfälscher“ (Willy Engelberger, Ralph Erwin, A.M. Werau); 2 Uhr: Große Schlagerkonkurrenz bisher unaufgeführter Kompositionen. Das Publikum als Preisrichter. Kleiner Saal: Montmartre. Madame de Thebes. Jazzband. Vorstellung der Theatergruppe Prof. Direktor Max Schmutzweich (Hans Kottow, Nessy Pucher), Kabarett „Größenwahn“ (Leitung Dr Beda). Damenspende: die Partitur[30] der Oper „Bananen“.[31]

Einer, dem der ganze Hype um diese „I. Wiener Boheme Redoute“ wie um die Schlagerkonkurrenz und seinen eigenen Hit zu viel wurde, war ausgerechnet der Textdichter Dr. Fritz Löhner-Beda selbst. In der Wiener Sonn- und Montags-Zeitung (für die er regelmäßig Gedichte schrieb), erschien am 18. Februar 1924, mitten in den Vorbereitungen auf die Redoute, folgender selbstironischer Hilfeschrei:

Bananen!
Anfangs schien es mir noch heiter,

Aber jetzt – o bitt’re Pein!
Nein! So geht es nicht mehr weiter!
Nein! Ich stampfe alles ein!

Wo ich gehe, wo ich stehe,
Wo ich sitze, wo ich ruh‘
Aus der Ferne, aus der Nähe
Stürmt es qualvoll auf mich zu!

In Artikeln, in Romanen,
Im Theater, in der Bar …
Auf den Trams und Eisenbahnen,
Im Café, im Comptoir –

Unablässig und zelotisch,
Nervenpeitschend, hemmungslos
Magendrehend, idiotisch,
Fast gespenstisch, mammutgross –

Hunderttausend Grammophone
Und Klaviere ohne Zahl
Klimpern, quitschen (sic) mir zum Hohne
Den entsetzlichen Choral!

Was hab‘ ich da angestiftet!?!
Schaudernd steh‘ vor ich vor der Schlucht!
O ich hab‘ mich selbst vergiftet
An der eignen Geistesfrucht!

Könnt‘ ich wissen, konnt‘ ich ahnen,
Dass die Welt ins Irre hopst
Ausgerechnet durch Bananen,
Dieses harmlos-dumme Obst?!

Doch geschehen ist geschehen!
Ich schreib‘ nur Prosaisches
Und ich will ins Kloster gehen.
(Wo ist ein mosaisches?)
Beda.[32]

Eine Woche darauf publizierte er einen Text anlässlich der bevorstehenden Schlagerkonkurrenz, in dem er sich über die aktuellen Operettenschlager ein wenig lustig macht. Die Anspielungen waren dem damaligen Musikfan durchaus bekannt:

(Schlagerkonkurrenz oder Delirium tremens.) Unser Mitarbeiter Beda sendet uns folgenden Stoßseufzer:
„Da spricht der Tutankhamen:
Daß sich die Leut‘ nicht schamen!“
„Im Hotel zur grünen Wiese“
„Da spielt der Uridil“
„Ausgerechnet Bananen!“
Und „Ein feiner Vogel ist der alte Pelikan!“
„Da draußt am Favoritner Gürtel“
Fängt er zu singen an:
„Sonja“
„Wo hast Du denn die schönen blauen Augen her?“
„Wenn ich Dich seh‘, da muß ich weinen ––„
Allerdings „Schön sind die Mädeln von Prag“.
Aber wegen
„Ein bißchen Liebe“
„Bittere Tränen“ –– ?!
„Da geh ich hinaus in den Wienerwald.“
„Und im roten Hirschen“
Singe ich aus tiefstem Herzen ––
„Oh Katharina“,
„Ich will mei‘ Ruh‘ hab’n ––„
Leb wohl, schwarzbraunes Mägdelein“,
„Du brauchst mich nicht zu grüßen“,[33]
„Nur eine Nacht sollst Du mir gehören“
„Im blauen Bock“ ––
Denn „Angenehm ist’s nur die ersten Tage“.
Aber am angenehmsten
Am 1. März im Konzerthaussaal
Bei der 1. Wiener Boheme-Redoute![34]

Als Löhner-Beda in seinem Gedicht „Bananen!“ von hunderttausend Grammophonen und Klavieren ohne Zahl schrieb, die in ganze Europa „Ausgerechnet Bananen!“ zum Besten geben würden, war das natürlich keine Selbstüberschätzung. Es gab, wie ein Kritiker griesgrämig feststellte, eine „Bananenliedseuche“. So schreibt ein Zeitungskorrespondent über die „Berliner Notzeit“ und Bananen Anfang 1924:

(…) oder wie Straußscher Walzer mit dem berühmten „Bananas“-Shimmy, der nach – ach! wie langem und qualvollem Warten – jetzt auch die deutsche Reichshauptstadt mit seiner beseligenden Gegenwart beglückt. Aus jedem Café gellt es, von jeder Grammophonplatte kreischt es und jeder Leierkasten dudelt es: „Ausgerechnet Bananen …“
Ja, „ausgerechnet Bananen“! Auch sie sind jetzt wieder in Berlin zu haben. Für dreißig bis vierzig Pfennige das Stück. Und Melonen, Ananas und Kokosnüsse auch. Der ganze Südfruchthandel der Welt scheint sich für den so bescheiden gewordenen Berliner auf seine Stadt konzentriert zu haben. Durch die Schaufensterscheiben der „Grünkramläden“ blitzen die süßen Früchte verlockend und verheißend. An jeder dritten Straßenkreuzung beinahe steht ein Handelskarren mit ihnen.[35]

In Wien war es nicht anders, wie folgender Vorfall im Wiener Prater im Sommer 1924 zeigt. An einem Sonntagnachmittag im Juli kam es plötzlich zu einem Stromausfall in allen Etablissements im Prater, der ziemlich alles lahmlegte. Ein Journalist schilderte die Szene augenzwinkernd wie folgt:

Mit einemmal war es an allen Orten fast unheimlich still geworden. Eine Orgel, die gerade im Begriff war, die Praterbesucher mit dem schönen Lied „Ausgerechnet Bananen“ zum siebenhunderttausendstenmal zu beglücken und ergötzen, brachte gerade noch „Ausgerechnet“ heraus, die Bananen verschluckte sie schon, ein elektrisch betriebenes Grammophon ließ gerade eine Bravourarie eines Heldentenors ertönen, aber das hohe C ging in ein heiseres Gurgeln über –, dann aus! (…) Obwohl man schon die Befürchtung hegte, die Störung werde erst in vielen Stunden behoben werden, war das Licht, die elektrische Kraft in einer halben Stunde wieder da, plötzlich, wie sie entschwunden. Die Orgel konnte endlich zur allgemeinen Befriedigung die Bananen hergeben, das Grammophon das hohe C siegreich hinausschmettern.[36]

Wie erwähnt, war das Bananenlied schon eine „Seuche“ – so die Meinung eines Kommentators im Neuen 8 Uhr-Blatt:

Die Bananenliedseuche muß nun bald ein Ende haben. Kein Jüngling und kein in Ehren angegrauter Lebemann wird in Wien auch nur mit einem Schimmer von Recht singen können: „Ausgerechnet Bananen – Bananen verlangt sie von mir…!“
Wenn er nicht in den Geruch kommen will, ein heilloser Schmutzian zu sein oder bei der Frankenbaisse pleitegegangen zu sein. Denn: an allen Straßenecken, bis weit in die Vorstädte hinaus, baumeln jetzt an Obstständen und Beleuchtungsmasten „reife, frische, westindische Bananen“, um 5000 bis 8000 K. das Stück[37]. Um diese Tatsache kann kein Wiener Gentleman sich gut herumdrücken. Damit hat das Bananenlied auch seine ganze Zugkraft eingebüßt. Eierspeis- und zitronengelb tanzt es einem auf der Straße vor den Augen, Früchte und Plakate, in ganz Wien –: „ausgerechnet Bananen!“ (…)[38]

In ihrer Monographie über Fritz Löhner-Beda sprechen Barbara Denscher und Helmut Peschina von den „erotischen Zweideutigkeiten“[39] im deutschen Liedtext. Diese wurden offenbar auch in den ungarischen Text übertragen, denn einige Wiener Zeitungen berichteten im Jänner 1924 genüsslich von der „unsittlichen Melodie im sittlichen Budapest“:

Aus Budapest wird gemeldet: Die Budapester Polizei hat bekanntlich vor einigen Tagen den ungarischen Text des bekannten Gassenhauers „Ausgerechnet Bananen“ wegen des unsittlichen Inhalts verboten. Gestern abend spielte die Jazzband in einem Budapester Kaffeehaus die Melodie des Liedes. Darauf erhob sich der diensthabende Polizeioffizier, ging zum Kapellmeister und zwang ihn, das Lied, unter Berufung auf das Verbot, auf der Stelle abzuklopfen. Alle Einwendungen des Dirigenten, daß bloß der Text, nicht aber die Melodie wegen Unsittlichkeit verboten sei, blieben fruchtlos. Die Kapelle durfte das „Bananenlied“ nicht mehr spielen …[40]

„Ausgerechnet Bananen!“ war nicht nur in den USA als „Yes, we have no bananas“ ein Hit. Wie schon angedeutet, war auch Berlin völlig in den Bann des Lieds hineingeraten:

Jedenfalls aber blieb es einem Foxtrott vorbehalten, in Berlin wie überall der „Schlager“ zu werden; gibt es etwa noch ein halbwegs kultiviertes Land, wo man das „Bananenlied“ noch nicht kennt? „Yes, we have no bananes (sic)“ hat einen fabelhaften internationalen Erfolg errungen; als es im Frühsommer 1923 in Amerika herauskam, sollen in den ersten acht Tagen 800.000 Exemplare verkauft worden sein. In Berlin ist eine förmliche Epidemie ausgebrochen, in jeder Wohnung, singt, tanzt, spielt oder pfeift man „ausgerechnet Bananen!“ und schließlich ist es im täglichen Leben zum geflügelten Wort avanciert, Straßenhändler mit Obstkarren benützen es als höchst wirksamen Ausruf, um Passanten anzulocken, und ein findiger Fabrikant hat die Konjunktur erfaßt und stellte täuschend imitierte Bananen als Seife her.[41]

Bananen als Zeitschrift

Sowie andere am Erfolg der Wochenschriften von Hugo Bettauer mitnaschen wollten, gab es findige Konjunkturritter, die an der Bananenhysterie, die „Ausgerechnet Bananen!“ ausgelöst hatte, mitnaschen wollten. So gab ein gewisser Fritz Schwarz von Juli bis September 1924 Bananen. Wochenschrift für Witz, Satire und Erotik (nach Heft 1 wurde vorsichtshalber das Wort ‚Erotik‘ weggelassen) mit überschaubarem Erfolg heraus. Die Wochenschrift brachte es auf zehn Hefte.

Bananen als Nahrungsmittel

Obwohl Bananen, als der Schlager „Ausgerechnet Bananen!“ wie eine Bombe einschlug, am europäischen Kontinent als Nahrungsmittel nicht gänzlich unbekannt waren, entdeckten die Zeitungen in ihrem Anzeigenteil den gesundheitlichen und geschäftlichen Segen der gelben Früchte und versuchten den Konsum anzukurbeln. In der Tat führte der Schlager mit Text von Beda zu einer steigenden Einfuhr von Bananen nach Österreich (und Deutschland[42]). Amtliche Statistiken zeigen, dass im Jahr 1925 3029 Meterzentner Bananen nach Österreich eingeführt wurden. Im Jahr 1927 stieg die Einfuhr auf 10.092 Meterzentner und allein in der ersten Hälfte des Jahres 1928 waren es 9778 Meterzentner Bananen im Wert von 898.000 Schilling.[43] In den Wiener Tageszeitungen erschienen Anzeigen wie die folgenden, die den besonderen Nährwert für Kinder hervorhoben (siehe auch Abb. 19).

Links: Abb. 17 Anzeige für Bananen in Illustrierte Kronen-Zeitung, 29.6.1924, S. 3. / Rechts: Abb. 18 „Die hervorragendsten Ärzte …“. Anzeige für Bananen in Neues Wiener Journal, 14.8.1924, S. 16

Der Wiener Bohème-Verlag und Fußball

Es ist heute gang und gäbe, dass eine lokale Firma eine lokale Sportmannschaft – egal ob Basketball, Eishockey oder Fußball – sponsert bzw. ausstattet und somit die örtliche Bevölkerung durch diese Werbung für ihre Dienstleistungen erreicht. Eher ungewöhnlich hingegen ist die Tatsache, dass ein Verlag einen Amateurverein bzw. eine eigene Fußballmannschaft unterhält. In den 1920er Jahren und bis spätestens 1932 hat der Wiener Bohème-Verlag den „Sportklub Wiener Bohème-Verlag“ geführt. Gegnerische Mannschaften für „alle Termine auf eigenem oder fremdem Platze“ organisierte der Verlag in den späten 1920er Jahren in der Wiener Zeitung Sport-Tagblatt über die Rubrik „Gegner gesucht“. Firmen- und Seniorenmannschaften waren erwünscht. Allfällige „Gegner“ mussten sich lediglich beim Verlag in der Rechten Wienzeile 33 melden.[44] Im Herbst 1929 veranstaltete der Sportklub „ein Turnier an vier aufeinanderfolgenden Samstagen um einen vom ihm gestifteten Pokal für den Sieger mit dem besten Resultat gegen nur Amateursektionen der erstklassigen Professionalvereine auf deren Plätzen“.[45] Das Turnier fand „anläßlich seines Jubiläums“ statt, wobei nicht klar ist, um wessen Jubiläum es sich handelte. Wenn der Sportklub parallel zur Gründung des Wiener Bohème-Verlags ins Leben gerufen wurde, wäre es das 10. Jubiläum, aber das muss Spekulation bleiben, ebenso wie die Möglichkeit, dass der fußballaffine Verlag durch Dr. Fritz Löhner-Beda, der Gründungsmitglied und von September 1909 bis Oktober 1929 Präsident (später Ehrenpräsident) des Sportklub Hakoah Wien war, auf die Idee kam. Der Klub war auch aktiv nach der Übernahme durch die Ufa.

Die Ufa kauft einen Wiener Schlagerverlag

Im Jänner 1932 ging eine Meldung durch eine Reihe von Wiener Zeitungen: Die Berliner Filmproduktionsfirma Ufa (= Universum-Film AG) habe „den Wiener Bohmeverlag (…), den größten, der noch in privater Hand befindlichen deutschen Schlagerverlage“ erworben.[46] Die Ufa hatte im November 1929 die Ufaton-Verlag GmbH zur Wahrung ihrer musikalischen Interessen gegründet, genauer mit dem Zweck, „der in den Filmen verwendeten Musik auch außerhalb der einzelnen Filme Geltung zu verschaffen“. Daher bedeutete die Übernahme des modernen Wiener Verlags „eine außerordentliche Stärkung der Produktionsbasis der Ufa“.[47] Die Österreichische Film-Zeitung war über die Aussichten für Otto Hein durchaus positiv gestimmt: „Der bisherige Inhaber des Verlages, Otto Hein, tritt jetzt gleichzeitig mit der Uebernahme des Boheme-Verlages in die Dienste der Ufa, und die Ufa dürfte damit einen Mitarbeiter gewonnen haben, der der musikalisch künstlerischen Seite der Ufa-Produktion für die Zukunft den stärksten Erfolg sichert.“ (ebda.) Doch das Ungemach sollte für Hein in zwei Jahren drohen – in absentia. Die neuen Geschäftsverhältnisse wurden in einer „Bekanntmachung!“ im Februar 1932 im Anzeiger publik gemacht und in ähnlicher Weise in der Eintragung im Handelsregister festgehalten. Darin wird der Stolperstein erkenntlich:

Mit Wirkung vom 1. Januar 1932 haben wir die Aktiven der Firma Wiener Bohème Verlag (Otto Hein) übernommen und führen das Verlagsgeschäft unter der Firma Wiener Bohème Verlag G.m.b.H. weiter. Die Passiven der alten Firma werden durch Herrn Otto Hein persönlich abgewickelt.
Herr Otto Hein tritt als Geschäftsführer in unsere Gesellschaft ein. (…)[48]

Die Geschäftsräume wurden nach Berlin verlegt. Der Handelsregistereintrag ist noch präziser, was den Betriebsgegenstand betrifft. Miteingeschlossen war „auch die Fortsetzung der Geschäfte des von dem Kaufmann Otto Hein unter der Firma ‚Wiener Boheme Verlag Otto Hein‘ in Wien betriebenen Unternehmens, jedoch ist die Übernahme der Verbindlichkeiten der Einzelfirma ‚Wiener Boheme Verlag Otto Hein‘ ausgeschlossen“.[49] Es liegt die Vermutung nahe, dass der gewiefte Geschäftsmann Hein über den Tisch gezogen wurde, denn die Ufa strich die Aktiva ein und Hein blieb mit den Passiven zurück. Das sollte Folgen haben. Die „Zweigstelle Wien“ des nunmehrigen Berliner Verlags befand sich fortan nicht mehr in der Rechten Wienzeile 33 am Naschmarkt, sondern in einem weniger romantischen Ambiente, nämlich in Wien 7., Neubaugasse 1. Hein schied per 31. Dezember 1932 aus dem Ufaton-Verlag aus und gegen Mitte Juni 1933 wurde er als inländischer Vertreter aus dem Wiener Handelsregister gelöscht. Dass die Tage Otto Heins im Vorstand der Ufa nach der Machtergreifung Hitlers gezählt waren, ist naheliegend, denn jüdische Mitarbeiter und Angestellte waren aus Sicht der Firma nicht mehr tragbar. In einer Vorstandssitzung der Ufa am 29. März 1933 wurde „der nationalen Umwälzung in Deutschland“ konkret Rechnung getragen. So beschloss „der Vorstand grundsätzlich, daß nach Möglichkeit die Verträge mit jüdischen Mitarbeitern und Angestellten gelöst werden sollen. Es wird ferner beschlossen, zu diesem Zweck sofort Schritte zu unternehmen, die die Auflösung der Verträge der einzelnen in Betracht kommenden Personen zum Ziele haben“. „Im einzelnen wurden noch folgende Beschlüsse gefaßt: (…) Es herrscht Einigkeit darüber, daß auch der Vertrag mit Otto Hein mit Rücksicht auf die durch die neuen Verhältnisse geschaffene Lage aufgelöst werden muß.”[50]

Dass sich Otto Hein laut Meldeauskunft am 1. April 1933 nach Paris abmeldete, mag dabei eine Rolle gespielt haben, denn Hein war ja mosaischer Konfession.

Gleich Anfang Jänner 1934 berichteten die Wiener Zeitungen über eine Klage, die gegen die „Wiener Boheme-Verlag, Ges.m.b.H. Berlin“ vermutlich noch im Dezember 1933 beim Handelsgericht in Wien eingebracht wurde.[51] Der Kläger war die Druckerei und Verlagshandlung Josef Eberle, die eine Forderung von rund 128.000 Schilling aus nicht bezahlten Rechnungen stellte. Eberle, ein Hauptgläubiger, lieferte dem Verlag bis 1931 Druckerzeugnisse und beherbergte in seinen Räumen ein Magazin und ein Warenlager des Verlags. Während die Ufa sich „aus dem Schneider“ gewähnt haben mag, meinte die klagende Partei, dass es „gesetzwidrig“ sei, „wenn das Tochterunternehmen der Ufa die gesamten Aktiven eines Betriebes übernimmt und von den Schulden desselben nichts wissen will“. Es wurde daher gleich bei der Klagseinreichung vom Gericht eine einstweilige Verfügung erlassen, womit der beklagten Partei verboten wurde, die ihr aus dem Übernahmsvertrag mit Otto Hein zustehenden Tantiemen zu verfügen. Gleichzeitig wurde die Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Musikverleger in Wien (AKM) angehalten, der Berliner Firma gegenüber bis auf weiteres keine Tantiemen zu leisten. In der Begründung der Klage wurde ausgeführt, dass Otto Hein bereits zur Zahlung von rund 113.000 Schilling rechtskräftig verurteilt worden sei – und nicht bezahlt hatte. Also ein Grund mehr dafür, dass er bis nach Kriegsende nicht nach Österreich zurückkehrte! Dass bei der Übernahme des Wiener Unternehmens durch die Ufa nicht alles mit rechten Dingen zuging, lässt sich aus einem diesbezüglichen Bericht im Neuen Wiener Journal („Milliardenklage gegen die Ufa“) vom 30. März 1934 schließen:

Zu Beginn des Jahres 1932 erschienen zwei Funktionäre der Ufa, übernahmen das Lager des Bohème-Verlags und transportierten es ab. Dabei erklärten sie, von der Ufa zur Uebernahme beauftragt zu sein und gratulierten der Firma Eberle, daß sie jetzt als größte Gläubigerin des Bohème-Verlags zu ihrem Geld kommen werde. Als jedoch die Firma Eberle die Bezahlung ihrer Forderung von rund 128.000 Schilling verlangte, war dieser Betrag nicht zu erhalten.
Die Klage führt weiter aus, daß die Ufa – wie erst nach einem halben Jahr durch Zufall bekannt wurde – den Wiener Bohème-Verlag aus dem Besitz Otto Heins nicht selbst übernommen, sondern einer von ihr mit einem Betriebskapital von 20.000 Mark gegründeten Wiener Bohème-Verlag Ges.m.b.H., Berlin, übergeben habe. Die neue Ges.m.b.H. übernahm von Otto Hein sämtliche Aktiven, nicht aber die vor der Uebernahme kontrahierten Schulden.[52]

Der im Bericht ausgesprochene indirekte Vorwurf des Betrugs wurde, als der Fall im April 1934 weiterverhandelt wurde, konkretisiert. Wie Eberles Anwalt Dr. Artur Heller vor Gericht ausführte, „investierte die Ufa in die neugegründete Gesellschaft bloß 10.000 Mark, erhielt jedoch durch die Uebernahme des Wiener Boheme-Verlags einen Wertzuwachs von 100.000 Schilling, ohne dabei jedoch die Passiven Otto Heins zu übernehmen. Die beiden neugegründeten Unternehmen seien bloße Scheingründungen gewesen, da es sich nur darum handelte, den Wiener Boheme-Verlag aufzunehmen. Ueberdies behauptet die Klage, daß einige Ufa-Funktionäre gegenüber der klagenden Partei eine Haftungserklärung für die Abdeckung der Schulden Otto Heins übernommen hätten“.[53] Der Anwalt der beklagten Partei sah die Lage naturgemäß anders. Er bestritt energisch, dass die Ufa irgendwelche Aktiven des Wiener Boheme-Verlags übernommen hätte – obwohl dies im Übernahmvertrag stand. Der Anwalt bestritt natürlich auch die Klagelegitimation Eberles, dieser sollte sich mit seiner Forderung vielmehr an Heins Firma wenden. „Da von beiden Seiten ein umfangreicher Zeugenbeweis angeboten wurde, vertagte der Vorsitzende die Verhandlung.“ (ebda.) Und damit endete zumindest vorerst die Berichterstattung. Die weitere Geschichte des Wiener Bohème-Verlags innerhalb der Ufa wird hier nicht weiterverfolgt.

Exkurs: Erwin Hein als Verleger

Links: Abb. 19 Anzeige für reife westindische Bananen in Die Bühne, 2. Jg., No. 14, 12.2.1925, S. U2 / Rechts: Abb. 20 Notenblatt des Dacapo Verlags, Umschlagzeichnung von Lisl Weil. Quelle: Archiv Wiener Volksliedwerk

Nach seinem Ausscheiden aus dem von ihm und seinem Bruder Otto geleiteten Wiener Bohème-Verlag Anfang der 1930er Jahre blieb Erwin Hein der Musikbranche in Wien treu und gründete im Frühjahr 1933 gemeinsam mit der Universal Edition (UE) den Dacapo Verlag. Das Unternehmen befasste sich mit dem Schlager-, Tonfilm- und Operetten-Verlagsgeschäft. Der Standort war nicht zufällig: Bösendorferstraße 12 im 1. Bezirk, denn dort befanden sich die Büros von zwei weiteren Musikverlagen, die mit der UE personell verbunden waren, nämlich der Wiener Philharmonische Verlag und der Wiener Operettenverlag. Mit letzterem Verlag – Geschäftsführer waren Dr. Alfred Kalmus und Hugo Winter – soll Erwin Hein ein Vertragsverhältnis abgeschlossen und unter dem Firmennamen Dacapo seine Neuerscheinungen herausgebracht haben. Keiner der drei Verlage wird in der 2000 publizierten UE-Firmengeschichte namentlich erwähnt.[54] Die Friedrich Hofmeister GmbH, ebenfalls eine Gründung der UE, kommt auch nicht vor. Wie auch immer: Der Dacapo Verlag hat „auf dem Gebiete des Schlagerverlages, trotz des kurzen Bestandes, ganz außerordentliche Erfolge erzielt. Speziell die Tangos ‚Du schwarzer Zigeuner‘ [Karl Vacek][55], ‚Ilona‘ [Elly Roman, Alexander Steinbrecher] und ‚Platinblond ist Dein Haar‘ sind Welterfolge. An Tonfilmen wurde unter anderen bisher die Musik zu dem Granowsky-Film ‚König Pansole‘ und ‚Ich und der Kaiser‘ erworben“.[56] Im Verlag erschienen Werke von Richard Tauber, Karl Vacek, Hans Lang, Hans May, Richard Fall und v.a.m. Er gab auch die Reihe „Wiener Moderne Schlager-Serie für Zither“ heraus. Wie beim Wiener Bohème-Verlag kaufte man die Rechte auf verschiedene amerikanische Schlager wie etwa „Hü-o-hoh, alter Schimmel. Roll Along Covered Wagon. Lied und Slow-Fox“ (1934). Die Musik schrieb Jimmy Kennedy, der deutsche Text stammte von Beda (siehe Abb. 20) und die Zeichnung war von der Wiener Grafikerin Lisl Weil (1910–2006). Die Zusammenarbeit mit der UE dürfte nur ein paar Jahre – angeblich bis zum Sommer 1935 – gedauert haben, als der Dacapo Verlag sich von dieser Bindung löste.[57]

Noch nach 1935 wurde der Verlag von jemandem verfolgt, der im Bereich Musikverlag das Pendant zum „Literatursheriff“ Will Vesper auf dem Gebiet des deutschen Buchhandels gewesen zu scheint: Hans Brückner (1897–1941) mit seinem antijüdischen Kampfblatt Das Deutsche Podium. Wie Fetthauer schildert, „waren Hein und sein Verlag zwischen 1935 und 1938 ständig Diffamierungen ausgesetzt, weil er versuchte, seine Verlagsprodukte nach Deutschland zu importieren. Hein soll Das Deutsche Podium wegen der Hetzartikel bei der Reichspressekammer angezeigt und einen Prozeß um 50.000 RM gegen das ‚Dritte Reich‘ angestrengt haben“.[58] Den Ausgang kann man sich vorstellen.

Am 18. September 1935 gründete Hein die Firma „Erwin Hein. Verlag von Musik- und Bühnenwerken“ in Wien 3., Landstraßer Hauptstraße 1 (= die Adresse des Dacapo Verlags!). Aus einem Protokoll der Korporation der Wiener Buch-, Kunst- und Musikalienhändler geht hervor, dass Erwin Hein am 3. Mai 1890 in Brünn geboren wurde, mosaisch, verheiratet und – was ihn eine Zeitlang geschützt haben mag – tschechischer Staatsbürger war. In seiner Geburtsstadt besuchte er die Mittelschule und die Staats Oberrealschule Brünn.[59] Doch der Verlag geriet 1937 in wirtschaftliche Schwierigkeiten, die auf die Herabsetzung der Preise für reichsdeutsche Musikwerke zurückgeführt wurden: „Die Absatzverhältnisse auf dem deutschen Markt gestalteten sich aber so ungünstig, daß der Verlag bald darauf liquidiert werden mußte und gegen Erwin Hein das Ausgleichsverfahren eingeleitet wurde.“[60] Das Verfahren wurde beim Zivillandesgericht am 13. Jänner 1938 zu Ende geführt: „Der Verleger bot eine 60prozentige Quote, die aus den Tantiemeneingängen gedeckt werden soll. Dieser Vorschlag fand auch die Zustimmung der Gläubiger.“[61] Die Frage, ob der Dacapo Verlag von Erwin Hein als Exilverlag in England neu gegründet wurde, muss offen bleiben.[62] Laut historischer Meldeauskunft hat sich Erwin Hein am 20. Juni 1938 von Wien nach Paris abgemeldet. Und dort verliert sich, zumindest vorläufig, seine Spur …

Der 1919 gegründete Wiener Bohème-Verlag Otto Hein, dessen Geschichte hier bis zur Übernahme durch die UFA Anfang der 1930er Jahre verfolgt wird, dürfte einer der kommerziell erfolgreichsten Musikverlage im Österreich der 1920er Jahre gewesen sein. Er ist auch ein leuchtendes Beispiel dafür, wie, neben der „Pilzatmosphäre“ bei Neugründungen von belletristischen Verlagen nach dem Ersten Weltkrieg in Österreich, neue Musikverlage in Wien – von denen es mehrere Dutzend gegeben hat – die Gunst der Stunde vor allem in Bezug auf die Popularität des Operettenschlagers ausnutzten und die damals relativ „neuen Medien“ Radio und Grammophon bedienten. Otto Hein hatte einen guten Riecher, was die neue amerikanische Musik betrifft, und konnte dadurch mit deutschen Ausgaben große Erfolge feiern. Allen voran mit dem von Dr. Fritz Löhner-Beda verfassten deutschen Text von „Ausgerechnet Bananen“. Das Bananenlied wurde mancherorts wegen der Omnipräsenz als „Seuche“ bezeichnet, doch andererseits führte es zu einer kontinuierlichen Steigerung von Bananenimporten in Österreich wie in Deutschland, gab Anlass zu einer kurzlebigen Wochenschrift namens Bananen und lieferte auch die Devise für Redouten samt „Bananenernte“. Ein Geschäftsarchiv des Wiener Bohème-Verlags, wenn eines überliefert wäre, würde mit Sicherheit viele interessante Trouvaillen hergeben.

[1] Siehe Maurus Pacher: Zeitgeschichte in Lied und Schlager (1919–1945). In: 60 Jahre Wiener Bohème Verlag 50 Jahre Ufaton-Verlag. Et cetera. Dezember 1979, S. 12. In amtlichen Unterlagen scheint Stolz nicht auf. Siehe auch die detailreiche Studie von Karin Ploog: Als die Noten laufen lernten. Band 2: Kabarett-Operette-Revue-Film-Exil Unterhaltungsmusik bis 1945. Norderstedt: Books on Demand, 2015.
[2] An dieser Stelle möchte ich Frau Dr. Primavera Driessen Gruber für diese und weitere biographische Hinweise zu Otto, Erwin und Carl Hein herzlich danken. Quellenhinweis: „Datenbank BioExil Primavera Driessen Gruber i.V. Österreichisches Biographisches Handbuch der NS-verfolgten Musikschaffenden“. Otto, Erwin und Carl Hein waren Söhne des am 7.3.1863 in Bodenstadt (heute Potštát), Mähren, geborenen Kaufmanns Moriz Hein, der am 19.2.1941 nach Kielce in Polen deportiert wurde. Die Mutter hieß Caroline, geb. Marcus. Ich möchte auch Frau Dr. Susanne Blumesberger für ihre Hilfe danken.
[3] Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht Wien, Wiener Bohème Verlag, A 43-A-Registerakten Reg. A 53, 44.
[4] Wengraf übernahm den 1927 gegründeten „Wiener Phönix Verlag Karl Plank“, der den Handel mit Grammophonplatten, Apparaten und Zubehör betrieb und nach Jahren der Inaktivität im Herbst 1931 den Ausgleich (Handelsgericht Sa 806/31/2) anmelden musste (siehe Neues Wiener Journal, 30.9.1931, S. 14). Erst Anfang 1933 erfolgte der Antrag beim Handelsgericht Wien auf Eintragung der Gesellschafter Ernst Wengraf und Reinhold Peters in das Handelsregister. Die Firma wurde am 25. April 1941 von amtswegen gelöscht. Siehe WSTLA Handelsgericht A43 – A – Registerakten. A 12, 54a, Wiener Phönix Verlag Karl Plank.
[5] Wiener Salonblatt, Nr. 21, 27. Oktober 1923, S. 10.
[6] Das Werk erschien 1920 im Wiener Bohème-Verlag. Die Bibliothekskataloge verzeichnen „Halloh! Du süße Klingelfee“ als Copyright 1919 Wiener Bohème-Verlag. Die in Budapest geborenen Brüder Ernö, Gyula und Oskar Geiger (Geigerbuam) stiegen Anfang 1923, offenbar im Bemühen, über ihre eigenen Kompositionen zu verfügen, ins Musikverlagsgeschäft ein und kauften Anteile in der im Februar 1923 neugegründeten, am 16. März ins Handelsregister eingetragenen (Reg. C 70, 161) und letztlich kurzlebigen „Melodia“- Musikverlag GmbH (Standort Opernring 15). Sie verpflichteten sich damit, „ihre sämtlichen Kompositionen mit Ausnahme der bereits erschienenen bzw. anderwärts verlegten einzig und allein nur dieser Gesellschaft zur Verfügung zu stellen“. (WSTLA, „Melodia“- Musikverlag, A 45-C-Registerakten, C 70, 161)
[7] Der Vorwurf war nicht von der Hand zu weisen, denn der Verlag hat zahllosen amerikanischen Schlagern einen deutschen Text verpasst. Es war kein Zufall, dass, kurz vor der „I. Redoute“ 1924, der Verlag das Werk Amerika-Tanzheft herausgab und fünf amerikanische Nummern aufnahm, darunter „Yes! We have no bananas!“, „When hearts are young“ und „A kiss in the dark“.
[8] Otto Hein: Jazz und ihre Rückwirkung auf die Wiener Musik. In: Die Bühne, 3. Jg., Heft 85, 24. Juni 1926, S. 13.
[9] Das 1856 publizierte „Gebet einer Jungfrau“ der polnischen Komponistin Tekla Bądarzewska war bis ins frühe 20. Jahrhundert eines der europaweit populärsten Klavierstücke. Weltweit erfolgreich war der 1927 herausgekommene amerikanische Schlager „Hallelujah“ von Vincent Youmans (Musik), Leo Robin und Clifford Grey (Text).
[10] Jos. Ko.: „Radio und Grammophon haben die Hausmusik verdrängt. Nicht mehr das ‚Gebet einer Jungfrau‘, dafür aber ‚Halleluja‘“. In: Neuigkeits-Welt-Blatt, Nr. 222, 25.9.1928, S. 8.
[11] Siehe Iris Mochar-Kircher: Schimmer, Glanz und Schatten. Wienerlied, Schlager, Operette und Revue in den 1920er und 1930er Jahren. In: Bockkeller, 3/Mai 2010, S. 6: „Der Wiener Boheme-Verlag etwa gestaltete Umschläge der Unterhaltungsmusik besonders aufwendig und reizvoll und erzielte die höchsten Auflagen im deutschsprachigen Raum. Über die Entwerfer dieser Gebrauchsgraphik ist zumeist nichts bekannt.“
[12] Dies war laut Meldeauskunft am 1. April 1933, nach einer Notiz im Firmenakt bei der Korporation der Wiener Buch-, Kunst- und Musikalienhändler (WKÖ) war es der 20. Juli 1933.
[13] Kerzl-Villa wird versteigert. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 4. März 1935, S. 8. Da heißt es weiters: „Die Villa ist berühmt durch ihren eigenartigen Park, der derart angelegt wurde, daß jeder Baum einer eigenen Gattung angehört.“
[14] Der Urenkel des Hofkomponisten. Ein Beitrag zur musikalischen „Schlager“geschichte Wiens. In: Weltpresse (Wien), 16. Dezember 1946, S. 6 (Der Titel des Artikels verweist darauf, dass Frank Fox ein Nachkomme des Komponisten Johann Joseph Fux, ca. 1660–1741, war). Laut einer freundlichen Auskunft der Archivarin der Royal Albert Hall, die sämtliche Aufführungen dort in einer Datenbank zusammengefasst hat, hat ein solches Konzert dort nicht stattgefunden. Fetthauer (S. 309) liegt somit falsch, wenn sie meint, Otto Hein (der nach Großbritannien ins Exil ging) „nahm seinen Beruf als Musikverleger aber vermutlich nicht wieder auf“. Nach der historischen Meldeauskunft war Hein vom 13. Juni 1927 bis 1. April 1933 in der Gloriettegasse 6 gemeldet.
[15] Eine Suche im österreichischen Verbundkatalog nach „Wiener Bohème Verlag” im Zeitraum 1919–1933 ergab 831 Einträge.
[16] Maurus Pacher: Zeitgeschichte in Lied und Schlager (1919–1945). In: 60 Jahre Wiener Bohème Verlag 50 Jahre Ufaton-Verlag. Et cetera. Dezember 1979, S. 13. Es ist unmöglich, hier alle Komponisten, die beim Wiener Bohème-Verlag ihre Werke (zeitweilig) verlegt haben, aufzulisten oder gar die erfolgreichsten Werke in Auswahl zu nennen. Und es ist interessant zu beobachten, dass die einzelnen Komponisten selten ihren „Stammverlag“ hatten, sondern ihre Werke auf verschiedene Wiener Verlage streuten.
[17] Tantiemenstreit um die „Schöne Galathee“. In: Neues Wiener Journal, 21.4.1934, S. 13.
[18] „Die schöne Galathee“ vor dem Gewerbegericht. In: Neues Wiener Journal, 7.2.1934, S. 13.
[19] Siehe Neues Wiener Journal, 6.4.1934, S. 12.
[20] Allgemeiner Tiroler Anzeiger, 12.1.1937, S. 4.
[21] So das Neue Wiener Journal, 9.9.1924, S. 10.
[22] Siehe Barbara Denscher: Der Operettenlibrettist Victor Léon. Eine Werkbiografie. Bielefeld: transcript 2017, und vor allem das Kapitel 29 „‘In Anbetracht der grossen Geschäfte‘ – Operette macht vermögend“.
[23] Näheres dazu bei Barbara Denscher, Helmut Peschina: Kein Land des Lächelns. Fritz Löhner-Beda 1883–1942. Salzburg-Wien-Frankfurt am Main: Residenz Verlag, 2002, S. 94.
[24] D.St.: Was man in Berlin spielt, singt und tanzt. Der Schlager. – Amerikanische Tanzmusik. – Das Ende des Salonstückes.“ In: Neue Freie Presse, 20. Februar 1924, S. 24. Eine ähnliche Version, diesmal mit Nennung des Verlegers Otto Hein, erschien noch 1931. „Du brauchst mir (sic) nicht zu grüßen“. Wie „Schlagermusik“ entsteht und vergeht. In: Freiheit!, 3. April 1931, S. 5–6; hier S. 5.
[25] Beda: Die Geburt des Schlagers. In: Neues Wiener Journal, 18. Oktober 1929, S. 6.
[26] Die Stunde, Nr. 294, 26. Februar 1924, S. 4. Am 2. März berichtete Die Stunde kurz über die Bananen-Redoute im Simpl, nicht aber über die Veranstaltung des Wiener Bohème-Verlags, vielleicht weil der Verlag dort keine Anzeige einschaltete. Zu den vielen Redouten, die in diesem Jahr zeitgleich stattfanden, zählten u.v.a.: Wiener Moden Redoute, Caligari Redoute, Alland Redoute, Rotes Kreuz Redoute, Volkstheater Redoute, Redoute des Touringclubs, Hakoah Redoute, Regatta Redoute, Künstler-Redoute, Pompadour Redoute, Walzer-Redoute, Rikola-Redoute, Märchen-Redoute, Alt-Wien-Redoute, Rosen-Redoute, Blanche-Redoute, Rosenmontag-Redoute usw.
[27] Neues Wiener Tagblatt, Nr. 42, 12. Februar 1920, S. 9.
[28] Neues Wiener Tagblatt, Nr. 8, 8. Jänner 1922, S. 11.
[29] Neues Wiener Journal, 14. Februar 1924, S. 11-12. Siehe auch „Schlagerkonkurrenz bei der I. Wiener Bohème-Redoute“. In: Neues 8 Uhr-Blatt, 20. Februar 1924, S. 7.
[30] Es handelte sich um die im Wiener Boheme-Verlag erschienene Sonderausgabe der Arie mit Chor aus der Oper „Bananen“, die auf der Redoute am 1. März 1924 in den Konzerthaussälen uraufgeführt wurde. Bearbeitet von Jack Glogau nach dem bekannten Lied von Frank Silver und Irving Cohn. Deutscher Text von Beda. Nur in beschränkter Auflage! (Anzeiger, Nr. 11. 14. März 1924, S. 144.) Der Boheme-Shimmy wurde am 21. September 1924 auf Radio Wien ausgestrahlt.
[31] Neues Wiener Tagblatt, 17. Februar 1924, S. 13.
[32] Wiener Sonn- und Montags-Zeitung, Nr. 7, 18. Februar 1924, S. 12.
[33] „Du brauchst mich nicht zu grüßen!“. Shimmy. Text von Artur Rebner. Musik von Fred Raymond. Umschlag von Otto Dely erschien 1922 im Wiener Bohème-Verlag.
[34] Wiener Sonn- und Montags-Zeitung, Nr. 8, 25. Februar 1924, S. 3.
[35] Hauptmann von Bronfart: Berliner Notzeit. In: Neues Wiener Journal, 27. Jänner 1924, S. 7–8; hier S. 7.
[36] Verkehrsstörung auf der Grottenbahn. In: Neues Wiener Tagblatt, 10. Juli 1924, S. 7.
[37] Um eine Preisrelation herzustellen: eine Einzelausgabe der Illustrierten Kronen-Zeitung kostete im Februar 1924 400 Kronen, der Reichspost 1000 Kronen, des Neuen 8 Uhr-Blatt 800 Kronen, des Neuen Wiener Journal 2000 Kronen, des Neuen Wiener Tagblatt 1500 Kronen.
[38] E.M.: Bananenbaisse und Hausse in Portmonnaies. In: Neues 8 Uhr-Blatt, 16. Juni 1924, S. 2.
[39] Barbara Denscher, Helmut Peschina: Kein Land des Lächelns. Fritz Löhner-Beda 1883–1942. Salzburg-Wien-Frankfurt am Main: Residenz Verlag, 2002, S. 94.
[40] Siehe u.a. Arbeiter-Zeitung, 17. Jänner 1924, S. 5, oder: Ausgerechnet … Ein heiteres Zensurverbot in Budapest. In: Neues Wiener Journal, 17. Jänner 1924, S. 6.
[41] D.St.: Was man in Berlin spielt, singt und tanzt. Der Schlager. – Amerikanische Tanzmusik. – Das Ende des Salonstückes. In: Neue Freie Presse, 20. Februar 1924, S. 24.
[42] Ausführlich dazu die Dissertation von Kerstin Wilke: „Die deutsche Banane.“ Wirtschafts- und Kulturgeschichte der Banane im Deutschen Reich 1900–1939. Diss. Universität Hannover 2004. (Online!)
[43] In: Tagblatt (Wien), 22. Jänner 1928, S. 4. Nicht ungleich der heutigen Lage mit den amerikanischen Großkonzernen im Geschäft mit Bananen ortete die Zeitung „die große Macht des mit ungeheuren Kapitalien arbeitenden amerikanischen Bananentrusts, der in den mittelamerikanischen Bananengebieten den Boden, die Menschen, die Regierungen, Bahn- und Schiffahrtslinien untertänig gemacht hat“.
[44] Sport-Tagblatt, 15. Juni 1927, S. 4.
[45] Sport-Tagblatt, 25. September 1929, S. 4.
[46] Reichspost, 4.1.1932, S. 3.
[47] Österreichische Film-Zeitung, Nr. 2, 9. Jänner 1932, S. 2.
[48] Anzeiger, Nr. 7, 13. Februar 1932, S. 306. Hervorhebung vom Verfasser.
[49] Amtsblatt zur Wiener Zeitung, Nr. 172, 27. Juli 1932, S. 522. Hervorhebung vom Verfasser.
[50] Zitiert nach Klaus Kreimeier: Die UFA Story. Geschichte eines Filmkonzerns. München-Wien: Hanser 1992, S. 248.
[51] So z.B. „Die Verbindlichkeiten des Boheme-Verlages“. In: Kleine Volks-Zeitung, 2. Jänner 1934, S. 9 oder unter demselbem Titel im Neuen Wiener Journal, 2. Jänner 1934, S. 14. Beide Zeitungen betonen in ihrem Bericht, dass der Vertrag mit der Ufa die Übernahme der Verbindlichkeiten der Firma Heins ausdrücklich ausschloss.
[52] Neues Wiener Journal, 30. März 1934, S. 13.
[53] Ufa auf 128.000 Schilling geklagt. In: Neues Wiener Journal, 28. April 1934, S. 13.
[54] UE Universal Edition 1901–2001. Wien: Universal Edition 2000. In dieser Publikation konnte man sich im Jahr 2000 noch nicht dazu aufraffen, die Vorgänge im Verlag 1938 als „Arisierung“ zu bezeichnen. Anders die Dokumentation von Hartmut Krones: „Die Arisierungsbestätigung ist nun eingelangt…“. Die Universal-Edition im Jahr 1938. In: Österreichische Musikzeitschrift, 8-9/2001, S. 20–26 bzw. die Arbeit von Martin Sima: Der österreichische Musikverlag im Zweiten Weltkrieg. Diplomarbeit Univ. Wien 1997. Die ausführlichste Darstellung auf Grund der Originalquellen zusammen mit einem Forschungsbericht findet sich in der hervorragenden Dokumentation von Sophie Fetthauer: Musikverlage im „Dritten Reich“ und im Exil. 2. Auflage. Hamburg: von Bockel Verlag 2007 (S. 182–214). Auch Fetthauer beobachtet, dass die UE noch heute, 80 Jahre nach dem „Anschluss“, mit ihrem Verlagsarchiv restriktiv umgeht. Eine Anfrage an das UE-Archiv im März 2018 ergab, dass weder zu Erwin Hein noch zum Dacapo-Verlag Material vorhanden sei.
[55] Der deutsche Text zum international erfolgreichen Tango von Vacek (1902–1982) stammte von Fritz Löhner-Beda.
[56] Gründung des Dacapo-Verlages. In: Österreichische Film-Zeitung. Das Organ der österreichischen Filmindustrie, 15. April 1933, Nr. 15, S. 2.
[57] Diese Angaben finden sich in einer antisemitisch gefärbten Publikation aus dem Jahr 1938, und daher ist größte Vorsicht geboten. Brückner–Rock: Judentum und Musik mit dem ABC jüdischer und nichtarischer Musikbeflissener begründet von H. Brück und C.M. Rock. 3. Auflage bearbeitet und erweitert von Hans Brückner. München: Hans Brückner-Verlag, 1938, hier S. 115. Sophie Fetthauer (siehe Anm. 54) beschäftigt sich mehrfach in ihrer Dokumentation mit Erwin Hein und dem Dacapo Verlag (ohne die Verbindung mit der UE zu erwähnen), aber trotz der eingehenden Recherchen gelingt es ihr nicht, die Daten Erwin (oder Otto) Heins zu eruieren oder sein weiteres Schicksal zu beleuchten.
[58] Fettthauer, a.a.O., S. 472.
[59] Dazu der Firmenakt Erwin Hein in Wirtschaftskammer Österreich – Archiv, Bestand: Archiv Fachgruppe Buch- und Medienwirtschaft Wien. Verf. dankt Frau Birgitt Rupp für ihre freundliche Hilfe. Die Sterbedaten von Otto und Erwin Hein waren bislang nicht zu eruieren.
[60] Der Ausgleich des Musikalienverlegers Erwin Hein. In: Mittagausgabe, Nr. 5, 8.1.1938, S. 2.
[61] Neues Wiener Tagblatt, 14.1.1938, S. 9.
[62] Siehe Fetthauer, S. 308 und die Anm. 88: „In Großbritannien läßt sich in den sonstigen Quellen bislang kein Da Capo-Verlag nachweisen.“