Margit Doppler

Margit S. Doppler, Plakat für Kirstein-Blockmalzbonbons, um 1955 (Ausschnitt)

„Ich habe immer gezeichnet – schon als ich ganz klein war. Ich habe nie mit Puppen gespielt, aber ich habe immer gezeichnet und habe nichts anderes wollen – und Klavier gespielt habe ich auch“, erinnerte sich Margit Doppler in einem Interview anlässlich ihres 90. Geburtstags.[1]

Die Künstlerin wurde am 21. Januar 1909 in Wien geboren und als Margit Sidonie Kovacs[2] evangelisch (H.B.) getauft. Ihr Vater Zoltan Kovács war ein aus Ungarn stammender Zeichner und Illustrator, ihre Mutter Leopoldine Marie (geborene Böck) führte eine kleine Stickerei.[3] Die Ehe wurde bald nach der Geburt des Kindes geschieden[4] und Margit lernte ihren Vater erst als 14-Jährige kennen.

Da Margit Kovacs schon früh künstlerische Begabung bewies, besuchte sie nach Absolvierung der Pflichtschule von 1923 bis 1926 die „Graphische Lehr- und Versuchsanstalt“ in Wien. Ihre Lehrer waren dort unter anderem Rudolf Larisch, Erwin Puchinger und Wilhelm Wodnansky. Gerne wäre sie noch länger an der Schule geblieben, doch aufgrund wirtschaftlicher Zwänge musste sie eine Erwerbsarbeit aufnehmen. Daher trat Margit Kovacs im Jahr 1926 in das auf Filmplakate spezialisierte „Atelier Pollak“ ein. Schon im selben Jahr aber verließ sie die Firma wieder und gründete gemeinsam mit ihrem Onkel Hugo Brod und mit Anton Ziegler, den sie von Pollak abgeworben hatte, das Studio „Trio“. Auch hier war die Grafikerin auf Kinoreklame spezialisiert, wobei die US-amerikanische Filmgesellschaft „United Artists“ die wichtigste Auftraggeberin war.[5] Das „Trio“ hielt sich als Ateliergemeinschaft jedoch nur zweieinhalb Jahre lang.

Filmplakate – Links: 1931 / Rechts: 1936

Filmplakate – Links: 1931 / Rechts: 1936

Danach folgte für Margit Kovacs ein neunmonatiges „Gastspiel“ im Atelier von Joseph Binder, bis sie sich im Jahr 1929 selbständig machte. Auch da konnte sie weiterhin für „United Artists“ arbeiten, wie etwa das von ihr gestaltete Plakat für den Charlie Chaplin-Film „Lichter der Großstadt“ aus dem Jahr 1931 zeigt – eine Affiche, die zum Besten gehört, was im Bereich der Kino-Reklame in jenen Jahren in Österreich geschaffen wurde.

Mit dem Start des eigenen Studios begann auch die über vierzig Jahre dauernde Zusammenarbeit mit dem Süßwarenproduzenten Emil Kirstein. Dafür belebte Margit Kovacs die davor nur statisch dargestellte Werbefigur, das sogenannte „Blockmalz-Männchen“, auf immer wieder neue Weise. Mit ihren Arbeiten prägte sie den optischen Gesamtauftritt von Kirstein – angefangen von der Typografie über die Plakate und Inserate bis zu den Messeauftritten und der Bemalung von Firmenautos. Zu ihren weiteren damaligen Kunden zählten unter anderem die Firmen Palmers, Siemens, Osram und Elin.[6]
1935 heiratete Margit Kovacs den Starkstromtechniker Franz Doppler und zeichnete fortan ihre Arbeiten als Margit Doppler und fallweise auch nur mit MSD (= Margit Sidonie Doppler), nachdem sie zuvor manche ihrer Plakate mit dem Kürzel MSK versehen hatte.

Plakate für die Firma Kirstein, 1950er Jahre

Plakate für die Firma Kirstein, 1950er Jahre

Im November 1936 übersiedelte das Ehepaar nach Istanbul[7], wo Franz Doppler eine Universitätsprofessur erhielt. Margit Doppler war auch in der Türkei als Gebrauchsgrafikerin tätig und studierte als Gastschülerin an der Kunstuniversität Istanbul Keramik und Plastik. Weil Franz Doppler den Anschluss Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland kritisierte, wurde er denunziert und während eines Heimaturlaubes am 31. August 1940 wegen des Vorwurfs der „Herabsetzung des Deutschen Reiches im Ausland“ von der Gestapo verhaftet. Wegen dieses angeblichen „Vergehens nach dem Heimtückegesetz“ war er vom 8. Februar 1941 bis 19. August 1942 im Konzentrationslager Dachau inhaftiert.[8] Seine gesamte Familie war in jener Zeit im besonderen Maß den Repressalien der nationalsozialistischen Machthaber ausgesetzt, Margit Doppler erhielt als Gattin eines KZ-Insassen zunächst weder Aufträge noch eine Anstellung. Eine Ausnahme bildet die Firma Kirstein, die Doppler ab 1. Juni 1941 neun Monate lang als Werbeleiterin einstellte[9], bis sie anschließend fünf Monate lang zum Kriegshilfsdienst zwangsverpflichtet war. Nach der Entlassung ihres Mannes aus dem KZ wurde Margit Doppler im Oktober 1942 in die „Reichskammer der bildenden Künste“ in der „Fachgruppe Gebrauchsgraphiker“ aufgenommen.[10] Von Mai 1944 bis April 1946 war sie mit ihren beiden Kindern, der 1939 geborenen Monika und der 1943 geborenen Xenia, in Oberbayern einquartiert[11], während ihr Mann die meiste Zeit bei Siemens in Berlin arbeitete.[12]

Im Jahr 1946 konnte Margit Doppler wieder ihren Beruf als freischaffende Grafikerin aufnehmen: Neben ihrer Arbeit für die kommerzielle Werbung wandte sie sich nun verstärkt auch dem Zeitschriftendesign und der Buchgestaltung zu. Sehr erfolgreich waren ihre Illustrationen zu Kinderbüchern, wie etwa für „Schnappuzi, der Schnupfenzwerg“ (1947), „Kingfu, der lustige Zauberer“ (1949) oder „Briefe an einen Hund“ (1951).

1953 verstarb ihr Mann Franz Doppler, der nach dem Krieg Professor an der Technischen Hochschule in Wien gewesen war. Auch nach ihrer Pensionierung im Jahr 1968 war Margit Doppler künstlerisch tätig, sie malte Naturbilder, legte Mosaike oder verzierte Bauernschränke.[13] Am 27. November 2001 verstarb Margit Doppler in Wien. Im Jahr 2006 wurde in ihrem langjährigen Wohnbezirk Wien-Donaustadt eine Gasse nach ihr benannt.

Wie sie es schaffte, sich unter oft widrigen Umständen in einem männlich dominierten Umfeld als eine der frühesten hauptberuflich tätigen Werbegrafikerinnen mit Witz und Selbstbewusstsein durchzusetzen, zeigt eine Episode, an die sie sich später in einem Interview erinnerte: „Drei Jahr lang habe ich auch die Bundesheer-Illustrierte gemacht, das heißt Lay-out und Illustrationen. Ich bin da von einem anderen Atelier empfohlen worden, und wie ich mich vorgestellt habe, wurde ich vom Ressortverantwortlichen gefragt: ‚Wie stehen Sie zum Militär?‘, und ich antwortete: ‚Ich bin natürlich Pazifist!‘. Da sagte er: ‚Und da wollen Sie etwas für das Militär machen!‘ Und ich: ‚Warum nicht, der Leonardo da Vinci hat das heilige Abendmahl gemalt und hat die schrecklichsten Kriegsmaschinen erfunden, die auch ausgeführt wurden, der Franz Werfel war Jude und hat das ‚Lied von Bernadette’ geschrieben, und der Johann Sebastian Bach war Protestant und hat katholische Messen komponiert. Warum soll ich nicht das auch können.‘ Da sagte er: ‚Also Sie imponieren mir!‘ Ja, man muss sich zur richtigen Zeit etwas einfallen lassen.“[14]

Dieser Beitrag ist eine aktualisierte und wesentlich erweiterte Fassung der Veröffentlichung vom 28.1.2020 auf www.austrianposters.at

[1] Margit Doppler: „Man muss sich zur richtigen Zeit etwas einfallen lassen!“. Interview des Autors mit der Künstlerin am 24.9.1999, in: https://www.austrianposters.at/2011/04/10/2515/ (Stand: 20.10.2023).
[2] So die genaue und damit amtlich gültige Schreibung ihres Namens im Taufbuch der Reformierten Stadtkirche, Wien – Innere Stadt, 1907–1909, Fol. 117. Fallweise wird ihr Geburtsname auch mit Kováts angegeben und die Künstlerin hat in ihrer Anfangszeit als Grafikerin auch manchmal so signiert, was aber auf ein falsch ausgestelltes Dokument für ihren Vater zurückzuführen sein dürfte.
[3] Resch, Heidelinde: 14 Grafikerinnen im Wien des 20. Jahrhunderts, Wien 2013, S. 49.
[4] Trauungsbuch der Reformierten Stadtkirche, Wien – Innere Stadt, 1907–1910, Fol. 120.
[5] Margit Doppler: „Manchmal habe ich die ganze Nacht durchgearbeitet!“. Interview von Christian Maryška mit der Künstlerin am 10.2.1998, in: https://www.austrianposters.at/2011/05/15/2522/ (Stand: 20.10.2023).
[6] Resch, Heidelinde: Margit Doppler. Zeichnen um zu leben, Wien 2015 (=/design/er/leben/, 14. Bd), S. 11.
[7] Historische Meldeunterlagen, Wiener Stadt- und Landesarchiv.
[8] Gestapo-Opfer, Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, https://www.doew.at/ (Stand: 20.10.2023).
[9] Fragebogen für die Aufnahme in die Reichskammer der bildenden Künste, 23.2.1942, Archiv der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs, Akte Doppler.
[10] Schreiben der Reichskammer für bildende Kunst vom 21. Oktober 1942, Archiv der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs, Akte Doppler.
[11] Fragebogen für die Aufnahme in die „Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs“, Archiv der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs, Akte Doppler.
[12] Franz Doppler (Techniker), https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Franz_Doppler_(Techniker) (Stand 20.10.2023).
[13] Fußnote 6, S. 17.
[14] Fußnote 1.