„SPRING“, das Kunstcomic aus Hamburg, muss an dieser Stelle nicht mehr vorgestellt werden. Nach wie vor bringt eine Schar von Zeichner:innen und Illustrator:innen alljährlich ein Buch zu einem Thema heraus. Diesmal ist es „DAS UNBEKANNTE“ oder „INTO THE UNKNOWN“, denn nach wie vor ist SPRING zweisprachige englisch-deutsch. Heuer findet zum ersten Mal die „künstlerische Kollaboration“ statt, der Weg ins Unbekannte wird im Teamwork beschritten, „gemeinsam wagen die Zeichner:innen Schritte ins Unbekannte, sie haben zuvor mit Wissenschaftler:innen, Freund:innen und Familienmitgliedern geredet, „um ohne festgelegtes Ziel mit Bedeutungen und Formen experimentieren zu können“, wie Katharina Gschwendtner im Vorwort erklärt und bringt auch gleich ein wenig Theorie zum Thema Bildgeschichte, dass deren Erfindung nämlich ein Prozess wäre: „Es ist ein Versuch der Erkundung, Gestaltung und Sinnstiftung. Das Abwesende wird vergegenwärtigt und das noch nicht Existierende fantasiert.“ Dieser Band fordere auf, das Nicht-Wissbare zu integrieren. „Das Unbekannte als Öffnung zu begreifen.“ Was beim ersten Durchblättern gleich einmal auffällt, ist die Konzentration auf drei „Farben“, auf Schwarz und Weiß und Grün in diversen Abstufungen.

Cover: Carolin Loebbert, www.mairisch.de
Katharina Kulenkampff eröffnet noch solo mit „Tender“. Da versucht eine Zikade einen passenden Partner für ein Tischtennismatch zu finden, mit Schnecke, Biber und einem Hund funktioniert´s nicht, sie bleibt allein. Damit ist vorerst einmal Schluss, erst am Ende des Buchs könnte doch noch so etwas wie Hoffnung aufkommen. Carolin Löbbert begleitet in „Abfallgeschichten“ mit ihrer Familie Susan Rößner, eine Expertin für Abfallvermeidung, bei einem Altonaer Stadtrundgang. „Neuland“ bietet ein düsteres Hamburger Migrantenschicksal in Schwarz und Grau, bevor ganz am Ende ein kleiner grüner Funken aufleuchtet. Bärbel Lange und Kartrin Stangl leben in „Im Schutz der Tiere“ ihre Leidenschaft, Tiere zu zeichnen aus. Gedrückte Stimmung wieder mit einem kleinen Hoffnungsschimmer vermitteln auch LeaveNoOneBehind & Kati Szilágyi. Mutter und Tochter Wunderlich durchstreifen einen „Forest of Uncernity“, Anna Savira geht in „My Family runs“ ihrer Familiengeschichte nach, genau so wie Larissa Bertonasco in „In den Krieg“. Adam & moki erzählen in „Phönix“ die Geschichte des aus der Asche wieder erstehenden Vogels neu. Maria Luisa Witte und Almuth Ertl sind in realen und surrealen Zeichnungen „Auf der Suche nach übergeordneten Gesetzmäßigkeiten zur Erklärung für den Zustand der Welt.“ Eva Müller, sie ist Gründungsmitglied der Comicgewerkschaft, erzählt die Geschichte von Kathy und Marvin, die den Brand in Los Angeles 2025 überstanden haben. An „Stomata“, dem Tabuthema Krebs, haben sogar drei Künstlerinnen, Hanneke van der Hoeven, Ine Poppe & Nina Pagalies gearbeitet. In „Fremdkörper“ vermittelt Dr. Marion Hulverscheidt aus der Erzählung von Colo Kraft das Fremdgefühl, das man dem eigenen Körper gegenüber haben kann. Auch in „Nett hier, aber waren sie schon mal in M?“ erzählen drei Zeichnerinnen, nämlich Rotraut Susanne Berner, Ulrike Steinke und Amelie Lihl, eine Geschichte, die sich an das Unbekannte und Unvorhersehbare im Kleinen wagt. Sie überlassen es den Betrachter:innen, ob das gelungen ist. (Meiner Meinung nach: JA!)
Hat man all diese Geschichten gesehen und gelesen, weiß man, warum gerade Schwarz, Weiß und Grün die „Farben“ dieses Heftes sind, weil am Ende in den meisten Geschichten am Ende der schwarzen Tristesse unserer Tage doch noch ein Funken grüner Hoffnung gesehen werden kann: das noch nicht Existierende wird fantasiert, wie´s im Vorwort heißt. Auch diesmal stehen von den Künstlerinnen gezeichnete Werbeeinschaltungen am Ende des Comicbuchs, bevor dann die Lebensläufe nachgelesen werden können.
SPRING #22, mairisch Verlag, Hamburg 2025.
