Iron Curtain Graphics

Der „Eiserne Vorhang“ existiert immer noch in den Köpfen von vielen Menschen: Deshalb gibt es nach wie vor abseits der Schwarz-Weiß-Klischees des Kalten Krieges eine Menge aufzuarbeiten. Auch weiterhin wird im „sogenannten Westen“, wie das der 2011 verstorbene Schriftsteller und tschechische Staatspräsident Václav Havel einmal nannte, der „sogenannte Osten“ vielfach mit Geringschätzung betrachtet. Und dies ganz zu Unrecht, denn es wird dabei übersehen, wie viele hervorragende Leistungen die Menschen im ehemaligen Ostblock unter oft sehr widrigen Umständen zustande brachten – vor allem welche außerordentlichen kreativen Arbeiten dabei entstehen konnten. Für die bildende Kunst wurde dies in den letzten Jahren nach und nach dokumentiert, im Bereich der Architektur beschäftigt sich derzeit die Ausstellung „Sowjetmoderne“ im Architekturzentrum in Wien mit dem Thema. Was das Grafikdesign betrifft, so ist zwar die Szene der „Deutschen Demokratischen Republik“ vorbildlich aufgearbeitet, doch zur Entwicklung vieler anderer Länder des „realen Sozialismus“ fehlen noch entsprechende Untersuchungen.

Nun haben Carla Duschka und Ciprian Isac vom „Atelierul de Grafica“ in Bukarest im Berliner Verlag „Gestalten“ den Band „Iron Curtain Graphics“ – mit dem entbehrlich naiven Untertitel „Eastern European Design Created without Computers“ – herausgebracht. Der Inhalt des reich illustrierten Bandes ist bis auf einige wenige Vergleichsbeispiele aus Bulgarien, Lettland, Ungarn und der Tschechoslowakei im Wesentlichen der gebrauchsgrafischen Entwicklung Rumäniens gewidmet. Auch diesen Umstand hätte man in Titel und Bewerbung nicht verschweigen müssen, denn die präsentierten rumänischen Arbeiten aus dem Zeitraum der 1950er bis in die 1980er Jahre aus den Bereichen Plakate, Warnschilder sowie Buch- und Magazincover wären schon für sich allein interessant genug. Die Publikation bietet eine eindrucksvolle Sammlung an vielfältigem Material, wobei vor allem die Buchumschläge rumänischer Fachverlage mit ihrer erstaunlichen Modernität überzeugen. So anschaulich die Publikation die grafischen Qualitäten der Arbeiten vor Augen führt, genauso deutlich wird klar, dass hier noch eine ernsthafte historische Forschung aussteht. Bei vielen Abbildungen fehlen die Datierungen, und nur die wenigsten Arbeiten konnten bestimmten Entwerfern zugeordnet werden. Gerade eine biografische Darstellung bezüglich der rumänischen DesignerInnen könnte zu überaus spannenden Ergebnissen führen. Zumindest ist dafür mit dem vorliegenden Band mit seiner für derartige Recherchen notwendigen Materialsammlung ein Anfang gemacht.

Duschka, Carla – Ciprian Isac (ed.): Iron Curtain Graphics. Eastern European Design Created without Computers, Berlin 2012.