Mihály Biró (1886–1948)

Mihály Biró, Plakat für Palma-Schuhsohlen, Budapest, um 1912 (Ausschnitt)

Mihály Biró  habe „die aufsehenerregendsten und stärksten politischen Plakate, die je gemacht wurden, geschaffen“[1], urteilte 1932 die deutsche Fachzeitschrift „Gebrauchsgraphik“ über das Werk des ungarisch-österreichischen Künstlers. Tatsächlich gestaltete Biró nicht nur viel an attraktiver Film- und Wirtschaftswerbung, sondern er entwickelte vor allem eine neue Art schlagkräftiger politischer Plakat-Propaganda.

"Ihr Schurken! Habt Ihr das gewollt?", Plakat zu den Auswirkungen der Deklaration der Ungarischen Räterepulik auf die Pariser Friedenskonferenz, 1919

„Ihr Schurken! Habt Ihr das gewollt?“, Plakat zu den Auswirkungen der Deklaration der Ungarischen Räterepulik auf die Pariser Friedenskonferenz, 1919

Mihály Biró wurde am 30. November 1886 in Bia bei Budapest geboren.  Nach der Realschule begann er – nachdem schon früh sein künstlerisches Talent aufgefallen war – ein Studium an der Kunstgewerbeschule in Budapest. Seine Interessen waren vielseitig, er beschäftigte sich mit Malerei, Bildhauerei und Kunstgewerbe. Nach Studienaufenthalten in Berlin, Paris und London kehrte er nach Budapest zurück und fokussierte seine Arbeit auf die Gebrauchsgrafik. Bald begann er für die ungarische Sozialdemokratie zu arbeiten. So entstand auch seine berühmteste Arbeit, das Plakat für die Tageszeitung „Népszava“ mit dem roten Hammermann, der zum befreienden Schlag gegen die reaktionäre Repression ausholt. Diese Figur des „roten Riesen“, der die Arbeiterschaft symbolisiert, wurde danach nicht nur von Biró immer wieder verwendet, sondern auch von vielen anderen Entwerfern übernommen.

Links: Plakat für die Zeitung der ungarischen Sozialdemokraten, 1912 / Rechts: 1912 Plakat für die österreichische Nationalratswahl, 1920

Links: Plakat für die Zeitung der ungarischen Sozialdemokraten, 1912 / Rechts: 1912 Plakat für die österreichische Nationalratswahl, 1920

Während der ungarischen Räterepublik im Jahr 1919 wurde Mihály Biró zum „Regierungskommissar für illustrierte politische Plakate“ ernannt. Nach dem Zusammenbruch des Regimes noch im selben Jahr emigrierte er wie viele andere linke ungarische Künstler nach Wien. Als selbständiger Grafiker arbeitete er für die Politik, im Bereich der kommerziellen Werbung und für die Filmwirtschaft. Für die Nationalratswahl im Jahr 1920 wurde er beauftragt, alle sozialdemokratischen Bildplakate zu entwerfen. Auch dafür schickte Biró seinen roten „Mann mit dem Hammer“ ins politische Rennen.

Neben seinem politischen Engagement arbeitete Mihály Biró für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften, so etwa für „Die Stunde“, die „Neue Freie Presse“ und für „Die Bühne“, deren künstlerischer Leiter er sogar eine Zeitlang war. Doch allmählich ließen in Österreich die Aufträge nach, was unter anderem damit zusammenhing, dass Biró als Grafiker für die Sozialdemokraten weitgehend von Victor Th. Slama verdrängt wurde.

Filmplakat, Wien, 1927

Filmplakat, Wien, 1927

Ab 1928 war Biró in Berlin tätig, wo er bei der Filmproduktionsfirma UFA Arbeit fand. 1932 kehrte er nach Wien zurück, das er dann, nach der Errichtung des autoritären Ständestaates im Jahr 1934, als dezidierter Linker Richtung Bratislava verließ. Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in die Tschechoslowakei floh er aus politischen Gründen – aber auch, weil er als Jude mit brutaler Verfolgung zu rechnen hatte – nach Frankreich. Im Jahr 1947 kehrte Biró – auf Einladung der Sozialdemokratischen Partei Ungarns – bereits schwer krank nach Budapest zurück, wo er am 6. Oktober 1948 verstarb.

Auch wenn sein Oeuvre beweist, dass Mihály Biró vom Jugendstil angefangen verschiedene Stilrichtungen beherrschte, so war die Dramatik des Expressionismus seine eigentliche Ausdrucksform: „Selbstverständlich werden Plakate mit wuchtigen, blitzartig hingeworfenen Strichen eine viel größere Wirkung auf die Massen haben als schön ausgeführte und sogenannte sachliche Plakate“, schrieb er 1932 und widersetzte sich damit der damals gängigen Mode.[2]

Literatur
Denscher, Bernhard – Helge Zoitl (Hrsg.): Biró Mihály 1886 – 1948. Plakátok, Plakate, Budapest – Wien 1986.
Horn, Emil: Mihály Biró, Hannover 1996 (=Reihe Internationale Plakatkünstler, 1).
Noever, Peter (Hrsg.): Mihály Biró. Pathos in Rot, Wien 2010 (=MAK Studies, 19).

[1] Interview des Monats – Michael Biró, in: Gebrauchsgraphik, 1932/7, S. 64.
[2] Biró, Michael: „Kunst“ oder politische Plakate, in: Gebrauchsgraphik, 1932/7, S. 65.