Stephanie Glax

Stephanie Glax, Abbazia, Plakat, 1911, Detail (Alle Abbildungen: Wien Museum)

Im März 1899 fand im Wiener Etablissement Ronacher das erste Faschings-Kränzchen des „Vereins der Studentinnen der Universität Wien“ statt. Die „Neue Freie Presse“ berichtete darüber: „Für die Tänzer hatte Fräulein Stephanie Glax, eine Schülerin der Kunstgewerbeschule des Oesterreichischen Museums, eine Tanzordnung gezeichnet, auf der man einen Bruder Studio mit dem Champagnerglase und eine Studentin mit dem Bierkruge in der Hand sah.“[1] Diese ironische Umkehrung der geschlechtlichen  Rollenbilder war typisch für die junge Künstlerin, die sich nicht scheute, Terrains zu erobern, die bis dahin vor allem von Männern besetzt waren.

Stephanie Glax war eine der frühen bildenden Künstlerinnen Österreichs, sie war – auch international gesehen – eine der ersten Gestalterinnen von Plakaten und sie ließ sich im allgemeinen gesellschaftlichen Leben nicht in das damals so enge Frauenbild zwängen.[2] Die Bandbreite ihres diesbezüglichen Engagements war nicht nur im künstlerischen Bereich beachtlich groß. Glax stellte sich in einem Porträt als selbstbewusste Zigarettenraucherin dar, und wie war Meisterschwimmerin, die auch bei Wettkämpfen antrat.

Stephanie Glax wurde am 3. Juli 1876 in Rohitsch-Sauerbrunn, das damals ein Teil der österreichischen Untersteiermark war und heute als Rogaška Slatina zu Slowenien gehört, geboren. Als renommierter Kurort bot die Kleinstadt dem Vater der Künstlerin, Dr. Julius Glax, ein reiches Aufgabenfeld als Arzt. Ab 1885 verbrachte die Familie dann die Wintermonate in Abbazia/Opatija im heutigen Kroatien, um später gänzlich dorthin zu übersiedeln. Das erklärte Ziel von Julius Glax war es, den Ort an der oberen Adria zu einem international bekannten Kurort zu machen. Tatkräftig unterstützt wurde er dabei durch die bildpublizistischen Arbeiten seiner begabten Tochter.

Stephanie Glax, 1900

Stephanie Glax studierte von 1896 bis 1900 an der Kunstgewerbeschule in Wien bei Franz Matsch und Felician von Myrbach, danach folgten Studienaufenthalte in München und Paris. Aufgrund dieser Internationalität kannte Glax die aktuellen künstlerischen Trends offensichtlich sehr gut und wurde zu einer wichtigen Vertreterin des Jugendstils in Österreich-Ungarn. Erfolgreich experimentierte sie dabei unter anderem mit der neuen Drucktechnik der Algografie, bei der die schweren Lithografie-Steine durch Aluminiumbleche ersetzt wurden. Auch in der Frauenkunstbewegung war sie als Mitglied der „Vereinigung der Bildenden Künstlerinnen Österreichs“ sehr aktiv.

Stephanie Glax, 1911

Glax arbeitete im Bereich der freien Kunst, beschäftigte sich jedoch schon während ihres Studiums ebenso intensiv mit gebrauchsgrafischen Arbeiten. Zur touristischen Bewerbung von Abbazia entwarf sie eine Reihe von Grafiken, Plakaten und Broschüren. Ihre Affiche für die „Sportwoche“ aus dem Jahr 1912 ist von einer für das damalige Österreich erstaunlichen Modernität, was die Signatur „S. Glax, Paris“ offenbar noch unterstreichen sollte. Das Blatt gilt bis heute als Beispiel hervorragender früher Plakatkunst.

Stephanie Glax, 1912

Nach dem Ersten Weltkrieg blieb Stephanie Glax in Abbazia, das nun zu Italien gehörte. 1919 heiratete sie Augusto de Stadler, der von 1928 bis 1936 Bürgermeister von Abbazia war. Danach zog die Familie nach Venedig und übersiedelte im Jahr 1941 nach Mailand, wo Stephanie Glax de Stadler am 29. Februar 1952 starb.

[1] Neue Freie Presse, 5.3.1899, S. 7.
[2] Siehe Maryška, Christian: „…und dann wieder das blaue Meer“. Zum Bildinventar der Tourismus-Werbung für die österreichische Riviera, in: Rapp, Christian – Nadia Rapp-Wimberger (Hrsg.): Österreichische Riviera. Wien entdeckt das Meer, Wien 2013, S. 100.

Weiterführende Literatur:
Tavčar, Lidija: Stephanie Glax de Stadler (1876–1952). Slikarka in grafična oblikovalka, Celje – Ljubljana 2019 [Text in slowenischer Sprache, Zusammenfassungen in englischer, slowenischer, italienischer und deutscher Sprache].

In Buchform publiziert, in: Bernhard Denscher, Gebrauchsgrafik aus Österreich. 51 Lebensläufe. Aesculus Verlag, Wolkersdorf 2022. S. 61ff.