Joseph Urban – Von Wien nach New York

Joseph Urban, Stoffentwurf, ca. 1920, Metropolitan Museum of Art

Was verbindet „The New School for Social Research“ in New York mit dem Wiener Rathauskeller? Es ist der österreichisch-amerikanische Architekt und Designer Joseph Urban. Gemeinsam mit seinem Schwager Heinrich Lefler hatte er für die künstlerische Ausgestaltung des Restaurants im Wiener Rathaus gesorgt – und er ist der Architekt des Gebäudes der „New School“ in New York.

Joseph Urban war nicht nur einer der einflussreichsten Künstler Wiens um 1900, sondern danach auch einer der wichtigsten US-amerikanischen Architekten, Bühnenbildner und Filmausstatter der Zwischenkriegszeit. Geboren am 26. Mai 1872 in Wien absolvierte er die  „Akademie der bildenden Künste“ in Wien, wo er bei Carl Hasenauer Architektur studierte.

Zunächst beschäftigte er sich mit verschiedensten künstlerischen und organisatorischen Aufgaben. Er war Mitbegründer und zeitweise Präsident des Hagenbundes, der dritten bedeutenden Wiener Künstlervereinigung neben Künstlerhaus und Secession. Urban gestaltete die Ausstellungshalle des Hagenbundes in der Zedlitzgasse sowie den Festplatz für den Kaiser-Jubiläums-Huldigungs-Festzug 1908. Gemeinsam mit Heinrich Lefler hatte er über vierzehn Jahre lang eine Bürogemeinschaft. In dieser Zeit sorgten die beiden nicht nur für die malerische Ausgestaltung des Wiener Rathauskellers, sondern sie widmeten sich auch mannigfaltigen gebrauchsgrafischen Arbeiten, wie Bilderbücher, Kalender, Kataloge, Plakate und Banknoten.

Grafische Arbeiten für den Hagenbund, links: Kataloggestaltung für die Eröffnungsausstellung des Künstlerbundes, 1902. Rechts: Plakat für die Herbstausstellung des Jahres 1904

1911 erhielt Joseph Urban das Angebot, Chefbühnenbildner der Bostoner Oper zu werden, was er auch annahm. 1918 ging Urban dann nach New York, wo er bis zu seinem Lebensende, dem 10. Juli 1933, Ausstattungschef der Metropolitan Opera war. Für diese schuf er eine Vielzahl von Bühnenbildern, die von Klassikern des Musiktheaters bis zur amerikanischen Uraufführung von Ernst Kreneks „Jonny spielt auf“ reichten. Daneben war er nicht nur als Filmausstatter und Bühnenbildner zahlreicher Shows der „Ziegfeld Follies“ tätig, sondern auch der Architekt des in den 1920er Jahren neu errichteten Ziegfeld Theatres in New York. (Das Gebäude wurde 1966 leider abgerissen.) 1921 sorgte er für die Einrichtung des New Yorker Geschäftslokals der „Wiener Werkstätte“.

Mar-a-Lago, errichtet von 1924 bis 1927 nach den Plänen von Joseph Urban. Aufnahme aus dem Jahr 1967, Foto: Jack Boucher, Library of Congress, Prints & Photographs Division, HABS FLA, 50-PALM, 1–5

Erhalten hat sich das von Urban gestaltete Anwesen „Mar-a-Lago“ in Palm Beach in Florida, das mittlerweile eine gewisse politische Prominenz erlangt hat. Es ist nämlich ein exklusiver Klub geworden, der derzeit Donald Trump gehört. In dem manchmal als „Southern White House“ bezeichneten Anwesen wurden bisweilen auch offizielle Staatsgäste empfangen. Große Teile der plastischen Ausgestaltung der im „spanischen Stil“ zwischen 1924 und 1927 für die Industrielle Marjorie Merriweather Post errichtete Villenanlage stammen von Urbans früherem Hagenbund-Kollegen, dem Wiener Bildhauer Franz Barwig dem Älteren.

New School for Social Research NYC, 1929–1931, Architekt: Joseph Urban. Foto aus dem Jahr 2011: Beyond My Ken (Wikipedia)

Ganz anders als das opulente Anwesen in Florida gestaltete Urban die New Yorker „New School for Social Research“. Sie ist in einem sehr modernen, an das „Bauhaus“ erinnernden, klaren Design gehalten. Dass der Architekt auch in den USA dem Ganzheitsanspruch der Wiener Kunst der Jahrhundertwende verbunden blieb, zeigt sein vorurteilsloser Sinn für Details. So hat sich in der Columbia University, in der sich sein Nachlass befindet, auch ein handgeschriebener Entwurf Urbans zu einer Erinnerungstafel für einen Saal der „New School“ erhalten, der zeigt, dass dem Künstler nichts zu gering war, um es selbst zu gestalten.

Joseph Urban, Entwurf einer Gedenktafel. Used under a CC BY/NC license from Copyright Advisory Services of Columbia University

Im Nachruf auf den Künstler schrieb „The Evening Star“ am 12. Juli 1933: „Joseph Urban was a man of authentic genius. His gifts were exuberant. To him ugliness was simply a vacuum to be filled by creative labor. He spent the entirety of his adult life in an incessant campaign to replace with beauty the crudities, the crassnesses and the vulgarities he found about him. The world gave him opportunities which he appreciated and used to the full. He designed houses, palaces, bridges, theaters, private and public buildings of every grand and noble sort. He illustrated books for children, laid out gardens, invented furniture, planned expositions.”