Alfred Roller und die Secession

Alfred Roller, Detail aus dem Plakat zur 16. Ausstellung der Wiener Secession, 1903

„‚Secessionistisch‘ ist in Wien ein Schlagwort geworden“, schrieb der Kunstkritiker Franz Servaes anlässlich der 4. Ausstellung der Künstlervereinigung im Jahr 1899 und erläuterte diese Feststellung mit den Worten: „Es soll etwa so viel bedeuten als ‚die letzte Note der Extravaganz‘“.[1] Das vorbildgebende „secessionistische“ Plakat zu dieser Schau hatte Alfred Roller geschaffen.

Der vielseitige Künstler wurde am 2. Oktober 1864 in Brünn/Brno geboren. Sein Vater war Zeichenlehrer und darüber hinaus selbst künstlerisch als Maler und Grafiker tätig. 1883 ging Alfred Roller nach Wien, um hier auf elterlichen Wunsch ein Rechtsstudium zu beginnen. Doch schon nach einem Jahr wechselte er an die Akademie der bildenden Künste, wo er bei Christian Griepenkerl und Eduard Peithner von Lichtenfels studierte. Ab 1893 war er freischaffender Künstler und beschäftigte sich schon sehr früh mit der künstlerischen Gestaltung von Plakaten. So gilt sein Plakat für die Slevogt-Ausstellung der Wiener Galerie von Eugen Artin aus dem Jahr 1897 als eines der ersten modernen künstlerischen Plakate Österreichs. Auch sein Plakat für die neu erbaute Hochgebirgsbahn auf den nahe von Wien gelegenen Schneeberg aus dem Jahr 1898 war von einer für die damalige Zeit aufsehenerregenden Qualität.

Ausstellungsplakat, 1897

1897 wurde Alfred Roller Gründungsmitglied der Wiener Secession. Während seiner Mitgliedschaft bei dieser Künstlervereinigung, bis zu seinem Austritt gemeinsam mit Gustav Klimt im Jahr 1905, war er sowohl als Gestalter von Ausstellungen und Plakaten als auch bei Redaktion und Grafik der Zeitschrift Ver sacrum überaus produktiv. Nicht weniger als fünf Plakate aus der Frühzeit der Secession stammen von Roller, wobei er zunehmend einen Hang zur ornamentalen Abstraktion erkennen ließ.

Links: 1901 / Rechts: 1902

Sein Kriegsanleihen-Plakat aus dem Jahr 1917 hingegen war weitaus weniger der Moderne als vielmehr einem pathetischen Realismus verhaftet. Danach kehrte Roller auch nicht mehr zur Modernität seiner frühen Werke zurück.[2]

1899 wurde Alfred Roller Professor an der Wiener Kunstgewerbeschule, von 1909 bis 1934 war er deren Direktor. Besondere Bedeutung erlangte der vielseitige Gestalter als Bühnenbildner. Im Jahr 1903 engagierte ihn der damalige Operndirektor Gustav Mahler als Ausstattungschef der Wiener Hofoper, womit er Heinrich Lefler in dieser Funktion ablöste. Die erste Aufgabe, mit der Roller betraut wurde, war die Gestaltung des Bühnenbildes für Mahlers Neuinszenierung von Richard Wagners „Tristan und Isolde“. Diese Produktion wurde in der Verbindung von Musik und zeitgenössischer Bildender Kunst zu einem Meilenstein in der Entwicklung des modernen Musiktheaters. Bis zu seinem Lebensende blieb Roller der Bühne verpflichtet: Er wurde für die Metropolitan Opera in New York engagiert, er arbeitete mit Max Reinhardt zusammen, wobei einer der Höhepunkte die Ausstattung zur Uraufführung des „Rosenkavalier“ von Richard Strauss in Dresden im Jahr 1911 war. In Wien war Roller nicht nur in der Oper, sondern auch lange Jahre am Burgtheater als Ausstatter tätig.

Im Jahr 1920 gründete Roller gemeinsam mit Hugo von Hofmannsthal, Richard Strauss und Max Reinhardt die Salzburger Festspiele und zeichnete auch für die Ausstattung von Hofmannsthals „Jedermann“ verantwortlich.

Kurz vor seinem Tod schuf er auf Wunsch des deutschen Reichskanzlers Adolf Hitler die Bühnenbilder für die Bayreuther Parsifal-Produktion des Jahres 1934.[3] Am 21. Juni 1935 verstarb Alfred Roller in Wien.

[1] Servaes, Franz: Im Frühjahr der Secession, in: Neue Freie Presse, 21.3.1899, S. 1.
[2] Vgl. dazu: Denscher, Bernhard: Skandal um ein Opernball-Plakat.
[3] Vgl dazu: Pausch, Oskar: Der Besuch Alfred Rollers bei Adolf Hitler 1934. Ein verschollenes Dokument, in: Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften 2012, 23. Bd, Nr. 2, S. 237–244.